10. Senat - Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz - Sonderzahlung - Ausgleich für Mehrarbeit
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz - Sonderzahlung - Ausgleich für Mehrarbeit
- 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZR 88/10 5 Sa 657/09 Hessisches Landesarbeitsgericht Im Namen des Volkes! Verkündet am 13. April 2011 URTEIL Jatz, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsbeklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin, pp. Kläger, Berufungskläger, Berufungsbeklagter und Revisionsbeklagter, hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Bundes-arbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Eylert und Mestwerdt sowie die ehrenamtliche Richterin Trümner und den ehrenamt-lichen Richter Frese für Recht erkannt: - 2 - 10 AZR 88/10 - 3 - 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hes-sischen Landesarbeitsgerichts vom 24. September 2009 - 5 Sa 657/09 - aufgehoben. 2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeits-gerichts Kassel vom 10. Februar 2009 - 7 Ca 411/08 - wird zurückgewiesen. 3. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Ar-beitsgerichts Kassel vom 10. Februar 2009 - 7 Ca 411/08 - abgeändert und die Klage insgesamt ab-gewiesen. 4. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sonderzuwendung. Die Beklagte führt einen Betrieb der chemischen Industrie. Bis zum 31. Dezember 2006 war sie Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbands der chemischen Industrie. Der Kläger ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und seit 1996 für die Beklagte als Indus-trienäher gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 2.400,00 Euro tätig. Nach § 2 Abschn. I Ziff. 1 des Manteltarifvertrags für die chemische Industrie vom 24. Juni 1992 in den Fassungen vom 16. Juni 2005 und vom 8. März 2007 (MTV) beträgt die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit an Werktagen ausschließlich der Pausen 37,5 Stunden. Mehrarbeit ist nach § 3 Abschn. I MTV grundsätzlich durch Freizeit auszugleichen; gemäß § 4 Abschn. I Ziff. 1 MTV beträgt der Zuschlag für Mehrarbeit 25 %. Mit Wirkung zum 1. Januar 2007 bot die Beklagte allen Arbeitnehmern geänderte Arbeitsbedingungen wie folgt an: 1234- 3 - 10 AZR 88/10 - 4 - „Ergänzung zum bestehenden Anstellungsvertrag/Ausbildungs-vertrag … 1. Entgelterhöhung vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 Periode 1 Periode 2 Zeitraum (von - bis) 01.01.2007 30.06.200801.07.2008 31.12.2009 Laufzeit 18 Monate 18 Monate Entgeltanpassung (fix) 2,50 % 1,00 % Einmalzahlungen Einmalzahlungen berechnen sich auf Basis des 12-fachen des zuletzt gültigen Monatslohns/-gehalts. Jahr 2007 2007* 2008* 2009* Einmal-zahlung 2 % fix bis zu 2 % bis zu 2 % bis zu 2 % Ausz. An-fang 2007 Im Detail: 1 % bei Erreichung Manage-mentergebnis lt. Budget 1 % bis 2 % in Abhängigkeit vom Ergebnis *jeweils Auszahlung nach Ende des Geschäftsjahrs 2. Anpassung der Arbeitszeit ab 01.01.2007 Die Netto-Arbeitszeit beträgt 40 Stunden pro Woche. Zu-sätzlich geleistete Arbeitszeit wird dem Arbeitszeitkonto gut-geschrieben und kann u. a. für Brückentage Verwendung finden. Für Teilzeit-Beschäftigte gilt diese Regelung analog ihrer vereinbarten Arbeitszeit. Abwesenheitszeiten berechnen sich auf der Basis der Netto-Arbeitszeit. 3. Tarifliche Vertragsbestandteile Die bisher gewährten Leistungen des Manteltarifvertrages vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 16. Juni 2005, die am Stichtag 31. Dezember 2006 vereinbart waren, werden - 4 - 10 AZR 88/10 - 5 - als arbeitsvertragliche Regelungen weiter statisch garan-tiert, soweit in diesem Arbeitsvertrag nichts anderes verein-bart ist und sie nicht im Widerspruch zur Neuregelung der vereinbarten Nettoarbeitszeit (vgl. Ziff. 2) stehen. Obwohl nach Beendigung der Tarifbindung ein Anspruch auf Weitergabe künftiger Tarifentwicklungen nicht mehr besteht, verpflichtet sich der Arbeitgeber nach Bekanntgabe des Abschlusses des genannten geänderten oder ab-gelösten Manteltarifvertrages zu prüfen, ob und gegebenen-falls welche Leistungen als weiterer Nachtrag in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden können. Falls eine Arbeitsvertragspartei dies wünscht, sind danach alsbald entsprechende Verhandlungen mit dem ernsten Willen zu einer Einigung aufzunehmen.“ Der Kläger nahm das Angebot der Beklagten im Gegensatz zu der weit überwiegenden Anzahl der Arbeitnehmer nicht an. In einer Betriebsver-sammlung am 17. Juni 2008 sagte die Beklagte den Arbeitnehmern, die das Änderungsangebot angenommen hatten, die Zahlung einer Sonderzuwendung in Höhe von 4,5 % auf der Basis des 12-fachen Monatslohns zuzüglich Weih-nachts- und Urlaubsgeld als Abschlag auf die ergebnisabhängige Einmal-zahlung gemäß der Ergänzung zum Anstellungsvertrag zu. Die Zuwendung wurde mit der Entgeltabrechnung für Juli 2008 zur Auszahlung gebracht. Mit der Klage begehrt der Kläger ebenfalls die Zahlung der Sonder-zuwendung. Die Beklagte habe nicht die Arbeitnehmer von der Einmalzahlung ausnehmen dürfen, die das Angebot zur Änderung des Arbeitsvertrags nicht angenommen hätten. Dies verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleich-behandlungsgrundsatz und sei eine unzulässige Maßregelung. Die Beklagte habe nicht nur die aus der Änderungsvereinbarung resultierenden Nachteile ausgleichen, sondern auch den Beitrag der Arbeitnehmer zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens honorieren wollen. Zu diesem Erfolg habe er eben-falls beigetragen. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.427,13 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Oktober 2008 zu zahlen. 567- 5 - 10 AZR 88/10 - 6 - Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Einmalzahlung habe allein den Ausgleich der durch die Änderungsvereinbarung entstandenen Vergütungsunterschiede bezweckt. Sie sei lediglich unter den Vorbehalt der Erreichung bestimmter Unternehmensergebnisse gestellt worden, ohne dass damit ein weiterer Leistungszweck begründet worden sei. Die Grenzen eines angemessenen Ausgleichs für die Mehrarbeit von 2,5 Stunden pro Woche seien nicht überschritten worden. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, das Landes-arbeitsgericht hat ihr vollumfänglich entsprochen. Mit der vom Senat zu-gelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Entscheidungsgründe Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Ein Anspruch auf die Sonderzuwendung besteht nicht. I. Der Kläger hat keinen Anspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleich-behandlungsgrundsatz. 1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei der Zahlung der Arbeitsvergütung anwendbar, wenn diese durch eine betrieb-liche Einheitsregelung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leis-tung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - 89101112- 6 - 10 AZR 88/10 - 7 - Rn. 14, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 11, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 19, BAGE 122, 1). Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch, wenn der Arbeitgeber nach selbst gesetzten Regeln freiwillige Sonderzahlungen leistet (BAG 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 14, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284). Ihm ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen aus unsachlichen Gründen von der Gewährung einer Sonderzahlung auszuschließen. Sachfremd ist die Benachteiligung jedoch nicht, wenn sich nach dem Leistungszweck Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, einer Gruppe von Arbeitnehmern eine Leistung vorzuenthalten. Die Zweckbe-stimmung einer Leistung ergibt sich dabei vorrangig aus den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen, von deren Vorliegen und Erfüllung die Leistung abhängig gemacht wird (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 15, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 5. August 2009 - 10 AZR 666/08 - Rn. 10, AP BGB § 242 Gleich-behandlung Nr. 208 = EzA BGB 2002 § 612a Nr. 6; 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 12, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20; 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 14, aaO). Gerechtfertigt ist die Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die Gruppenbildung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein (vgl. BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 16, aaO; 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 13, aaO). Liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Regel auf alle Arbeitnehmer anzuwenden und diese entsprechend zu begünstigen. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 17, aaO; 15. Juni 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 14, aaO). 1314- 7 - 10 AZR 88/10 - 8 - 2. Die Beklagte hat die Zuwendung von 4,5 % des Jahresverdienstes 2007 nach einem generalisierenden Prinzip geleistet. Sie hat die Zuwendung nur den Arbeitnehmern gezahlt, mit denen sie die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden vereinbart hat. Dass sie diesen Arbeitnehmern gegenüber in Höhe von 2 % des 12-fachen zuletzt gültigen Monats-lohns/-gehalts eine Verpflichtung aus der Ergänzung zum Anstellungsvertrag erfüllt hat, steht der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht entgegen. Die Gruppenbildung erfolgte bereits mit dem Abschluss der Änderungsverträge. Die angetragenen schlechteren Arbeitsbedingungen konnten nach § 3 Abs. 3 TVG wegen der Nachbindung an den MTV im Verhält-nis zu den tarifgebundenen Arbeitnehmern nicht wirksam werden. 3. Die Ungleichbehandlung ist nach dem Zweck der Leistung gerecht-fertigt. a) Eine Sonderzahlung darf ohne Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einer Gruppe von Arbeitnehmern vorenthalten werden, wenn sie ausschließlich dem Ausgleich von Nachteilen derjenigen dient, die mit dem Arbeitgeber ungünstigere Arbeitsbedingungen vereinbart haben (BAG 5. August 2009 - 10 AZR 666/08 - Rn. 15, AP BGB § 242 Gleich-behandlung Nr. 208 = EzA BGB 2002 § 612a Nr. 6; 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284). b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat ein Vertreter der Beklagten in der Betriebsversammlung vom 17. Juni 2008 die Sonder-zuwendung als Abschlag auf die ergebnisabhängige Einmalzahlung gemäß der Ergänzung zum Anstellungsvertrag zugesagt. Leistungszweck der hier zu-gesagten Einmalzahlungen war der Ausgleich der Vergütungsnachteile durch die Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit, nicht aber zusätzlich die Honorierung bestimmter Betriebsergebnisse. Die versprochenen Einmal-zahlungen standen lediglich unter der aufschiebenden Bedingung der Er-reichung dieser Ergebnisse. Dies ergibt die Auslegung von Ziff. 1 der Er-gänzung zum Anstellungsvertrag. 15161718- 8 - 10 AZR 88/10 - 9 - aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts liegen den Er-gänzungen zum Anstellungsvertrag Allgemeine Geschäftsbedingungen zu-grunde, deren Auslegung das Revisionsgericht uneingeschränkt überprüfen kann (BAG 20. Januar 2010 - 10 AZR 914/08 - Rn. 12, AP BGB § 305c Nr. 12 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 18; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Ver-wenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragspartnern verfolgte Regelungszweck sowie die jeweils der anderen Seite erkennbare Interessen-lage der Beteiligten (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 76 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifver-trag Nr. 48; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, aaO). bb) Die zugesagten Zahlungen standen unter der aufschiebenden Be-dingung des Erreichens bestimmter Ziele. Dies zeigt bereits der Wortlaut der Änderungsvereinbarung. Die Einmalzahlung sollte „bei“ und nicht „für“ die Erreichung eines Ergebnisses gezahlt werden. Regelungszweck der Ände-rungsvereinbarung und erkennbare Interessenlage der Beklagten verdeutlichen dies. Eine Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne vollen Lohnausgleich dient der Senkung der Produktionskosten und damit der Verbesserung des Ergebnisses. Verspricht der Arbeitgeber in einem solchen Regelungs-zusammenhang als Gegenleistung für eine längere Arbeitszeit einen Nachteils-ausgleich „bei“ Erreichen bestimmter Ergebnisse, so ist für einen verständigen Vertragspartner erkennbar, dass die Ergebnisbeteiligung nicht allgemein zu-gesagt, sondern nur als Nachteilsausgleich für die Mehrleistung unter dem Vorbehalt gezahlt werden soll, dass die Maßnahmen greifen und die mit der Mehrleistung bezweckte Ergebnisverbesserung eintritt. Einen eigenständigen 1920- 9 - 10 AZR 88/10 - 10 - weiteren Leistungszweck hat die Beklagte mit der Einmalzahlung für das Jahr 2008 nicht verfolgt. c) Die Beklagte hat mit der Sonderzuwendung in Höhe von 4,5 % des Jahresverdienstes keinen weitergehenden Zweck als mit der versprochenen Einmalzahlung verbunden. Das ergibt sich schon aus der Bezeichnung der Zahlung „als Abschlag“. Auch wenn die Zuwendung über die versprochene Einmalzahlung hinausging, sollte sie nicht von zusätzlichen Voraussetzungen abhängen, sondern allein dem Ausgleich der Mehrarbeit dienen. d) Die Leistung einer auf 4,5 % vom Jahresverdienst 2007 erhöhten Einmalzahlung war zur Erreichung dieses Leistungszwecks erforderlich und angemessen. Die Beklagte hat damit die durch die Arbeitszeitverlängerung eingetretenen Vergütungsunterschiede nicht überkompensiert. aa) Das Vorenthalten einer Gehaltserhöhung oder einer Sonderzahlung gegenüber einer anderen Arbeitnehmergruppe kann zwar sachlich begründet sein, wenn mit der Leistung unterschiedliche Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern ausgeglichen werden sollen (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 21 ff., AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 1. April 2009 - 10 AZR 353/08 - Rn. 18, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 284; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 27, BAGE 122, 1). Nach dem Zweck einer auf den Aus-gleich schlechterer Arbeitsbedingungen gerichteten Leistung ist eine Kompensation aber nur insoweit zulässig, als ein solcher Ausgleich herbei-geführt wird. Führt eine Leistung tatsächlich zu einer Überkompensation und damit zu einer Besserstellung einer Arbeitnehmergruppe, so besteht im Umfang der Überkompensation kein sachlicher Grund, der anderen Gruppe diese Leistung vorzuenthalten. Bei der notwendigen Würdigung besteht ein Be-urteilungsspielraum des Arbeitgebers, weil unterschiedliche Vergütungs-elemente wie Grundvergütung, Zuschläge, Einmalzahlungen und Arbeitszeit ins Verhältnis zu setzen und miteinander zu vergleichen sind (BAG 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 28, aaO). Richtiger Vergleichsmaßstab ist vorliegend die Stundenvergütung, weil ein Abstellen auf das Jahres-, Monats- oder 212223- 10 - 10 AZR 88/10 - 11 - Wochenentgelt unberücksichtigt lässt, dass Mitarbeiter mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zwar ein höheres Entgelt erzielen, dies aber nur auf der Leistung zusätzlicher Arbeitsstunden beruht (vgl. BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 23, aaO). bb) Der Kläger erzielte bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stun-den eine Stundenvergütung von ca. 14,77 Euro brutto (2.400,00 Euro ./. 162,5 Stunden) und würde unter Einbeziehung eines Mehrarbeitszuschlags von 25 % bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden eine Stundenver-gütung von ca. 15,00 Euro brutto erzielen. Die Arbeitnehmer, die der Arbeits-zeiterhöhung zugestimmt haben, erreichten demgegenüber im Jahr 2008 unter Einbezug der linearen Entgelterhöhungen und der gesamten Einmalzahlung von 1.427,13 Euro eine Stundenvergütung von ca. 14,95 Euro brutto. cc) Unter Berücksichtigung des dem Arbeitgeber zustehenden Be-urteilungsspielraums ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Mehr-arbeitszuschläge in die vergleichende Betrachtung einbezogen hat. Die Arbeit-nehmergruppe, die der Erhöhung der Arbeitszeit zugestimmt hat, erhält für die Leistung der zusätzlichen Wochenstunden keinen Mehrarbeitszuschlag. Die Arbeitnehmer, die der Erhöhung der Arbeitszeit nicht zugestimmt haben, hätten bei ständiger Leistung von 2,5 Mehrarbeitsstunden je Woche ohne Freizeitaus-gleich Anspruch auf den Zuschlag nach § 4 Abschn. I Ziff. 1 MTV. Gleicht der Arbeitgeber auch diesen Nachteil aus, so liegt darin keine Überkompensation und der Gleichbehandlungsgrundsatz wird nicht verletzt. II. Unabhängig davon, ob § 612a BGB eine eigenständige Anspruchs-grundlage darstellt, hat die Beklagte das Maßregelungsverbot nicht verletzt. 1. Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeit-nehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Nach ständiger Recht-sprechung liegt eine Benachteiligung nicht nur dann vor, wenn der Arbeit-nehmer eine Einbuße erleidet, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorent-halten werden, die der Arbeitgeber Arbeitnehmern gewährt, falls diese Rechte 24252627- 11 - 10 AZR 88/10 nicht ausüben (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 211 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 22; 14. März 2007 - 5 AZR 420/06 - Rn. 34, BAGE 122, 1). Das Maßregelungs-verbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsaus-übung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 28, aaO; 15. Juli 2009 - 5 AZR 486/08 - Rn. 22, AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 209 = EzA BGB 2002 § 242 Gleichbehandlung Nr. 20). 2. Danach hat die Beklagte nicht gegen das Maßregelungsverbot ver-stoßen. Die benachteiligende Maßnahme der Beklagten hatte ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung geänderter Arbeitsbedingungen durch den Kläger, sondern im unterschiedlichen Vergütungsniveau des Klägers sowie der Arbeit-nehmer mit einer 40-Stunden-Woche. III. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen. Mikosch Eylert Mestwerdt Trümner Frese 2829

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