10. Senat - Antrittsgebühr in der Druckindustrie - Schiedsspruch vom 7. November 1975
Karar Dilini Çevir:
10. Senat - Antrittsgebühr in der Druckindustrie - Schiedsspruch vom 7. November 1975
Bundesarbeitsgericht 10 . Senat Urteil vom 11. Dezember 2013 - 10 AZR 1018/12 - I. Arbeitsgericht Mönchengladbach Urteil vom 25. Januar 2012 - 6 Ca 3354/11 - II. Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil vom 8. Oktober 2012 - 14 Sa 331/12 - F ür die Amtliche Sammlung: Nein Entscheidungsstichwort e : Antrittsgebühr in der Druckindustrie - Schiedsspruch vom 7. November 1975 Gesetz: Manteltarifvertrag für Angestellte der Druckindustrie im Land Nordrhein Westfalen v om 12. Juni 2006 (MTV Druck NRW ) § 7 Ziff. 8 Leitsätze: keine - 2 - BUNDESARBEITSGERICHT 10 AZR 1018/12 14 Sa 331/12 Landesarbeitsgericht Düsseldorf Im Namen des Volkes! Verkündet am 11. Dezember 2013 URTEIL Jatz, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In Sachen Beklagte, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin, pp. Kläger, Berufungskläger und Revisionsbeklagter, hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch, die Richter am Bundesarbeitsgericht - 2 - 10 AZR 1018/12 - 3 - Reinfelder und Mestwerdt sowie die ehrenamtlichen Richte r Großmann und Frese für Recht erkannt: 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 8. Oktober 2012 - 14 Sa 331/12 - aufgehoben, soweit es das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 25. Januar 2012 - 6 Ca 3354/11 - abgeändert hat. 2. Die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil wird in s- gesamt zurückgewiesen. 3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand Die Parteien streiten über eine tarifliche Antrittsgebühr im Zusamme n- Der Kläger arbeitet als maschinenführender Drucker für die Beklagte. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Angestellte der Druc k- industrie im Land Nordrhein - Westfalen vom 12. Juni 2006 (MTV Druck NRW ) Anwendung. § 7 Ziff. 8 MTV Druck NRW enthält folgende Regelung zur Antrittsg e- bühr: f- ten, die am Sonntag oder in der Nacht vo n Sonntag zum Montag hergestellt w erden, ist an alle mit der Herstellung beschäftigten Angestellten eine Antrittsgebühr in folgender Höhe zu zahlen: 1 2 3 - 3 - 10 AZR 1018/12 - 4 - Für den Kläger beträgt die Antrittsgebühr 152,00 Euro. In einem Schiedsverfahren zu § 7 Ziff. 5 Buchst. a des Manteltarifve r- trags für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bu n- desrepublik Deutschland (im Folgenden: MTV Druck BRD) , der eine parallele Regelung der Antrittsgebühr für gewerbliche Arbeitnehmer enthält, erließ das Zentrale Schiedsgericht am 7. Novem ber 1975 folgenden Schiedsspruch: Es wird festgestellt, dass ein Anspruch auf die Antrittsg e- bühr gemäß § 7 Ziffer 5 a nicht besteht, wenn das E r- scheinen und die Herstellung regelmäßig erscheinender Zeitungen und Zeitschriften im Voraus so festgelegt ist, dass die Herstellung normalerweise nicht am Sonntag o- der in der Nacht zum Montag erfolgt und deren Herste l- lung wegen besonderer Umstände ausnahmsweise im Die A M ist ein monatl iches, nicht regelmäßig an einem Montag e r- scheinendes Mitgliedermagazin. Es wird an unterschiedlichen Tagen in den Regionen durch die Post ausgeliefert. Die Produktion der Auflage von einigen Millionen Exemplaren erfolgt parallel auf mehreren Druckmaschine n an ve r- schiedenen Tagen, das Produktionsfenster beträgt etwa eine Woche. Am 2. und 3. Oktober sowie am 27. November 2011 wurde die unter Mitwi r- kung des Klägers an einem Sonn - bzw. Feiertag gedruckt. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, für die Arbeit an diesen Tagen schulde die Beklagte die tarifliche Antrittsgebühr, und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 456,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Januar 2012 zu zahle n. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die zunächst noch weitere Sonntagsschichten umfassende Klage auf Zahlung der Antrittsgebühr insgesamt abgewiesen, das 4 5 6 7 8 9 - 4 - 10 AZR 1018/12 - 5 - Landesarbeitsgericht hat ihr für die im Revisionsverfahren noch streitigen Tage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet. Der Druck der Zeitschrift A M an einem Sonn - oder Feie rtag löst die Antrittsgebühr nach § 7 Ziff. 8 MTV Druck NRW nicht aus. I. Ein Anspruch auf die Antrittsgebühr setzt voraus, dass die Herstellung einer Zeitung oder Zeitschrift gewöhnlich am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolg t ; der Anspruch besteh t nicht, wenn der Druck normalerweise an anderen Werktagen und nur ausnahmsweise an einem Sonntag erfolgt. Dies ergibt die Auslegung von § 7 Ziff. 8 MTV Druck NRW. 1. Der Wortlaut der Tarifnorm, von dem zunächst auszugehen ist (st. Rspr., vgl. BAG 28. Aug ust 2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13) , ist nicht ei n- de u tig. Er legt zwar für sich genommen die Auslegung nahe , dass die Antritt s- gebühr bei regelmäßig erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften immer au s- gelöst wird, wenn sie am Sonntag oder in der Nacht zum Montag gedruckt we r- den ; d anach wäre die Antrittsgebühr nur beim Druck anderer Produkte nicht zu zahlen. Nicht fern liegt aber auch die Annahme, es bestehe ein Zusammenhang zwischen dem Erscheinen und der Herstellungszeit. Die Antrittsgebühr wird dann nur g eschuldet, wenn die Zeitung oder Zeitschrift als Folge des Ersche i- nungsdatums oder der Datenlieferung gewöhnlich sonntags gedruckt werden muss. Dies e Auslegung bestätigt der Schiedsspruch des Zentralen Schiedsg e- richts zur Auslegung der Parallelvorschrift § 7 Ziff. 5 Buchst. a MTV Druck BRD . 10 11 12 - 5 - 10 AZR 1018/12 - 6 - a) Nach § 2 der Schieds - und Schlichtungsordnung der Tarifvertragspa r- teien ist das Zentrale Schiedsgericht nach Maßgabe von § 101 Abs. 1 ArbGG für Rechtsstreitigkeiten zwischen den Tarifvertragsparteien zur Auslegung un d Durchführung der jeweils bestehenden Tarifverträge zuständig, nach § 4 Abs. 2 haben Schiedssprüche die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils und setzen Tarifrecht für de n Geltungsbereich des betreffenden Tarifvertrags ( vgl. zur Z u- lässigkeit einer Schieds abrede über die Auslegung von Tarifnormen: GMP/Germelmann 8. Aufl. § 101 Rn. 9 , § 4 Rn. 4) . b) Das Zentrale Schiedsgericht hat den Streit über den Bedeutungsgehalt und die Auslegung der Parallelnorm des § 7 Ziff. 5 Buchst. a MTV Druck BRD ver bindlich ents chieden . Danach besteht kein Anspruch auf eine Antrittsgebühr , wenn das Erscheinen und die Herstellung einer regelmäßig erscheinenden Ze i- tung oder Zeitschrift im Voraus so festgelegt sind, dass die Herstellung norm a- lerweise nicht und nur ausnahmsweise am S onntag oder in der Nacht zum Montag erfolgt. Die Antrittsge bühr soll nur geschuldet sein, wenn Zeitun gen oder Zeitschriften nicht an anderen Werktagen , sondern nur am Sonntag bzw. in der Nachtschicht zu m Montag gedruckt werden können . c) Zwar ist der Schiedsspruch nicht unmittelbar zu § 7 Ziff. 8 MTV Druck NRW ergangen. Regelmäßig wollen Tarifvertragsparteien aber e i- nen bestimmten Begriff einheitlich in seiner allgemein rechtlichen Bedeutung verwenden und dementsprechend anwende n (st. Rspr. , BAG 18. Mä rz 2009 - 5 AZR 186/08 - Rn. 15; 20. April 1988 - 4 AZR 646/87 - BAGE 58, 116, 124 ff.; 15. Mai 1991 - 4 AZR 54 3 /90 - ) . Für die Tariflandschaft der Druckindustrie gilt dies bereits deshalb, weil gewerbliche und angestellte Arbeitnehmer gemei n- sam am Herste llungsprozess des Druckprodukts arbeiten . 2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang sowie Sinn und Zweck der A n- trittsgebühr bestätigen vorstehendes Normverständnis. Sonntagsarbeit wird nach § 7 Ziff . 3 MTV Druck NRW bereits mit einem Zuschlag von 115 % verg ü- 13 14 15 16 - 6 - 10 AZR 1018/12 - 7 - te t . D er mit einem Sonntagszuschlag verfolgte Zweck, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass der Tag nicht der Regeneration, der Familie bzw. der Vornahme von religiösen Handlungen dienen kann (vgl. BAG 25. September 2013 - 10 AZR 258/12 - Rn. 13 ) , ist damit erreicht. Dass die Tarifvertragsparteien für erscheinender Zeitungen und Zeitschriften eine weitere Vergütung festlegen wollten, ohne damit einen zusätzlichen Zweck zu verfolgen, ist fernliegend. Nach ihrem Sinn und Zweck soll die Antrittsgebühr vielmehr nur bei besonders bedeutsamer, zeitgebundener Drucktätigkeit geschuldet sein. S ie ist keine al l- gemeine Erschwerniszulage für Sonntags - und Nachtarbeit , sondern eine Z u- verlässigkeitsprä mie. Sie soll einen Anreiz dafür schaffen, dass die am Sonntag und in der Nacht zum Montag lästige, im Hinblick auf das termingebundene Druckprodukt aber besonders bedeutsame Arbeitspflicht eingehalten, die rech t- zeitige Herstellung der Zeitung oder Zeitsch rift nicht gefährdet wird und diese am nächsten Morgen ausgeliefert werden kann (vgl. BAG 26. Februar 1985 - 3 AZR 632/82 - zu 3 der Gründe; 18. März 2009 - 5 AZR 186/08 - Rn. 18 ) . Im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts stellt demnach der letzte Halbsatz des Schiedsspruches vom 7. November 1975, wonach die Herstellung wegen besonderer Umstände ausnahmsweise am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgen muss, keine eigenständige, vom Arbeitgeber darzulege n- de und zu beweisende Anspruchsvoraussetzung dar; vielmehr geht es nur um eine Erklärung dafür, warum der Druck der nicht zuschlagspflichtigen Produkte trotz der anderweitigen Festlegung im Einzelfall am Sonntag oder in der Nacht zum Montag erfolgt. II. Die A M muss weder an einem Sonntag bzw. in der Nachtschicht zum Montag hergestellt werden , noch wird sie nach den Produktionsplanungen der Beklagten regelmäßig in diesen Zeiten gedruckt; unstreitig beträgt das Produ k- tionsfenster ca. eine Woche. Soweit die Zeitschrift an einigen Tagen (auch) am Sonntag gedruckt wurde, konnte dies die Antrittsgebühr nicht auslös en . 17 - 7 - 10 AZR 1018/12 III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Mikosch W. Reinfelder Mestwerdt Frese Großmann 18

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