1 BvR 2880/11 - Unterschiedliche grunderwerbsteuerliche Behandlung von amtlicher und freiwilliger Baulandumlegung ist verfassungsgemäßSiehe auchPressemitteilung Nr. 26/2015 vom 30. April 2015
Karar Dilini Çevir:










Leitsatz








zum Beschluss des Ersten Senats vom 24. März 2015








- 1 BvR 2880/11 -








Es ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass der
Erwerb von Grundeigentum anlässlich einer amtlichen Umlegung
nach den §§ 45 ff. Baugesetzbuch von der Grunderwerbsteuer
ausgenommen, der Übergang von Grundeigentum im Rahmen einer
freiwilligen Baulandumlegung hingegen grunderwerbsteuerpflichtig
ist.









BUNDESVERFASSUNGSGERICHT









- 1 BvR 2880/11 -















IM NAMEN DES VOLKES








In dem Verfahren
über
die
Verfassungsbeschwerde








1. des Herrn V...,












2. des Herrn V...,












3. des Herrn V...










- Bevollmächtigte:




Rechtsanwälte Döring Spieß,
Montenstraße 3,
80639 München -













gegen




das Urteil des Bundesfinanzhofs







vom 7. September 2011 - II R 68/09 -











hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat -








unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter








Vizepräsident Kirchhof,








Gaier,








Eichberger,








Schluckebier,








Masing,








Paulus,








Baer,








Britz








am 24. März 2015 beschlossen:







Die
Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.







G r ü n d e :







A.






1




Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es
mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, dass der
Übergang von Eigentum im Rahmen freiwilliger Baulandumlegungen
grunderwerbsteuerpflichtig ist, während Eigentumserwerbe
anlässlich einer amtlichen Umlegung nach den §§ 45 ff.
Baugesetzbuch (BauGB) von der Besteuerung ausgenommen
sind.







I.






2




1. Ziel der Baulandumlegung ist es, den Zuschnitt von
Grundstücken neu zu ordnen, um eine plangerechte und zweckmäßige
bauliche Nutzung zu ermöglichen (zum Hintergrund BVerfGE 104, 1
f.).






3




a) Das Baugesetzbuch sieht in den §§ 45 ff. mit der
Umlegung ein hoheitliches Verfahren zur Neuordnung der
Eigentumsverhältnisse an Grundstücken vor. Eine amtliche
Umlegung muss von der Gemeinde in eigener Verantwortung
angeordnet und durchgeführt werden (§ 46 Abs. 1 BauGB). Sie wird
nach Anhörung der Eigentümer durch einen Beschluss eingeleitet,
in dem das Umlegungsgebiet zu bezeichnen ist und die darin
gelegenen Grundstücke einzeln aufzuführen sind (§ 47 Abs. 1
BauGB). Mit der Bekanntmachung des Umlegungsbeschlusses wird die
Verfügbarkeit über die betroffenen Grundstücke eingeschränkt
(vgl. § 51 BauGB) und die Eigenschaft der Grundstückseigentümer
als Beteiligte am Umlegungsverfahren begründet (vgl. § 48 Abs. 1
BauGB). Nach welchen Maßstäben bei einer amtlichen
Baulandumlegung die Grundstücke aufzuteilen und wie Ansprüche
der Eigentümer auszugleichen oder abzufinden sind, wird im
Einzelnen in den §§ 55 ff. BauGB vorgegeben (vgl. dazu BVerfGE
104, 1 ). Das Umlegungsverfahren endet mit dem durch
Beschluss aufzustellenden Umlegungsplan (§ 66 Abs. 1 BauGB). Mit
der Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans wird
der bisherige Rechtszustand durch den im Umlegungsplan
vorgesehenen neuen Rechtszustand ersetzt (§ 72 Abs. 1
BauGB).






4




b) Eine freiwillige Neuordnung der
Grundstücksverhältnisse (freiwillige Baulandumlegung),
insbesondere im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags mit der
Gemeinde nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB, kommt in Betracht,
wenn die Grundstückseigentümer bereit und in der Lage sind,
durch vertragliche Lösungen eine plangerechte
Grundstücksneuordnung herbeizuführen. Regelmäßig ist es eine
Frage der örtlich eingeführten Praxis, ob und wie eine solche
freiwillige Umlegung durchgeführt wird; maßgebliche Faktoren
sind dabei die Mitwirkungsbereitschaft der Beteiligten,
finanzielle Interessen und die Verfahrensdauer (vgl. Reidt, in:
Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 46
Rn. 5). Die Gemeinden können sich durch städtebauliche Verträge
im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB an einer
freiwilligen Umlegung beteiligen, indem sie sich mit den
Grundstückseigentümern über eine dem Bebauungsplan entsprechende
Neuordnung der im Plangebiet gelegenen Grundstücke vertraglich
einigen (vgl. Krautzberger, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand
August 2013, § 11 Rn. 51).






5




c) Amtliche und freiwillige Umlegungen werden im
Baugesetzbuch hinsichtlich der Befreiung von nichtsteuerlichen
Abgaben und Auslagen gleich behandelt. § 79 Abs. 1 Satz 1 1.
Halbsatz BauGB sieht vor, dass Geschäfte und Verhandlungen, die
der Durchführung oder Vermeidung der Umlegung dienen,
einschließlich der Berichtigung der öffentlichen Bücher, frei
von Gebühren und ähnlichen nichtsteuerlichen Abgaben sowie von
Auslagen sind.






6




2. Änderungen der Eigentumszuordnung bei inländischen
Grundstücken, wie sie durch Grundstücksneuordnungen im Wege
einer amtlichen oder freiwilligen Umlegung bewirkt werden
können, unterliegen grundsätzlich der Grunderwerbsteuer. In § 1
Abs. 1 bis Abs. 3a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sind
die Rechtsvorgänge zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher
Natur aufgeführt, die Gegenstand der Grunderwerbsteuer sind.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG gehört zu den besteuerbaren
Rechtsvorgängen der Übergang des Eigentums zwar auch dann, wenn
kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft
vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf.
Allerdings sieht § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG für
Eigentumsübergänge aufgrund von Baulandumlegungen im Regelfall
eine Steuerbefreiung vor.






7




§ 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG lautet
auszugsweise wie folgt:







§ 1 Erwerbsvorgänge








(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden
Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke
beziehen:








1. (…)








2. (…)








3. der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch
auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist
und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind








a) (…)








b) der Übergang des Eigentums im Umlegungsverfahren
nach dem Bundesbaugesetz in seiner jeweils geltenden Fassung,
wenn der neue Eigentümer in diesem Verfahren als Eigentümer
eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks Beteiligter
ist,
















II.






8




1. Die Beschwerdeführer erwarben im Zuge einer
freiwilligen Baulandumlegung jeweils als Miteigentümer
Grundstücke von einer Gemeinde und übertrugen im Gegenzug
Teilflächen ihnen gehörender Grundstücke auf die Gemeinde. Das
zuständige Finanzamt behandelte diese Erwerbsvorgänge als
grunderwerbsteuerpflichtig und setzte gegen die Beschwerdeführer
Grunderwerbsteuer fest. Die hiergegen erhobenen Einsprüche
blieben erfolglos.






9




2. Das Finanzgericht wies die Klage der
Beschwerdeführer ab. Die Steuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3
Satz 2 Buchstabe b GrEStG beschränke sich nach dem eindeutigen
Wortlaut der Vorschrift auf das hoheitliche Umlegungsverfahren
nach dem Baugesetzbuch und könne nicht auf die freiwillige
Umlegung erstreckt werden. Dies führe nicht zu einem
Gleichheitsverstoß. Es handele sich nämlich um strukturell
unterschiedliche Neuordnungsverfahren, die nicht von Verfassungs
wegen steuerlich gleich behandelt werden müssten.






10




3. Mit ihrer Revision rügten die Beschwerdeführer die
Grunderwerbsteuerpflicht freiwilliger Umlegungen als
gleichheitswidrig und beantragten die Vorlage an das
Bundesverfassungsgericht.






11




Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Der
Grundstückserwerb aufgrund freiwilliger Baulandumlegung sei
nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG von der
Grunderwerbsteuer ausgenommen. Der eindeutige und keiner
erweiternden Auslegung zugängliche Wortlaut der Norm umfasse
lediglich Grundstückserwerbe im amtlichen Umlegungsverfahren im
Sinne der §§ 45 ff. BauGB. Auch die Entstehungsgeschichte und
der Gesetzeszweck sprächen für dieses Auslegungsergebnis.






12




Die Beschränkung der Grunderwerbsteuerfreistellung
auf die amtliche Umlegung verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die amtliche Umlegung nach §§ 45 ff. BauGB und die auf Grundlage
des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB vorgenommene freiwillige
Umlegung unterschieden sich sowohl in rechtlicher als auch
wirtschaftlicher Weise. Das amtliche Umlegungsverfahren sei das
wichtigste öffentlich-rechtliche Instrument der im Baugesetzbuch
geregelten Bodenordnung. Es erfasse die Fälle, in denen die
planende Gemeinde die Grundstücks- und Eigentumsverhältnisse
notfalls durch hoheitlichen Zwang umgestalten müsse, um
erforderliche städtebauliche Neu- und Umstrukturierungen
durchsetzen zu können. Diesem Zweck diene das amtliche
Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BauGB, das seinem Wesen nach
ein förmliches und zwangsweises Grundstückstauschverfahren
darstelle, bei welchem dem Surrogationsprinzip und dem Prinzip
des gruppeninternen Lastenausgleichs durch die wertgleiche
Landabfindung Rechnung getragen werde.






13




Der wesentliche Unterschied zur freiwilligen Umlegung
sei, dass diese auf dem einvernehmlichen Abschluss eines
öffentlich-rechtlichen Vertrages beruhe, der regelmäßig vor der
Erstellung eines Bebauungsplans abgeschlossen werde. Der
Umstand, dass beide Umlegungsverfahren gelegentlich ineinander
übergingen oder die freiwillige Umlegung die amtliche Umlegung
faktisch verdränge, führe nicht dazu, dass beide
Umlegungsverfahren als wesentlich gleich zu behandeln seien.
Vielmehr unterschieden sie sich maßgeblich dadurch, dass beim
Umlegungsverfahren nach §§ 45 ff. BauGB die Umlegung
gegebenenfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden könne,
während dies bei der freiwilligen Umlegung gerade nicht der Fall
sei.






14




Die Merkmale „hoheitlicher Zwang“ einerseits und
„Freiwilligkeit“ andererseits seien geeignete Anknüpfungspunkte
für die Bestimmung des Steuergegenstandes; denn sie bezeichneten
mit Blick auf die angesprochenen Umlegungsverfahren Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die
unterschiedliche Belastung rechtfertigten. Der Gesetzgeber habe
sich in § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG entschieden,
nur solche Umlegungsverfahren von der Grunderwerbsteuer
auszunehmen, die außerhalb des normalen Marktgeschehens stünden.
Auf freiwilliger Basis geschlossene Grundstückstauschverträge
bewegten sich dagegen gerade innerhalb des normalen
Marktgeschehens, weil kein Vertragspartner zu einem solchen
Vertragsschluss gezwungen werden könne. Es möge zwar sein, dass
die an einem entsprechenden Tauschvertrag beteiligte Gemeinde
den Vertrag lediglich nutze, um ein aufwendiges Verfahren zu
vermeiden. Dennoch stehe bei einvernehmlichen Verträgen die
Freiwilligkeit des Vertragsschlusses im Vordergrund.







III.






15




Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die
Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG.






16




1. Art. 3 Abs. 1 GG sei verletzt, da das
Grunderwerbsteuergesetz die freiwillige Umlegung - anders als
die amtliche Umlegung - mit Grunderwerbsteuer belaste, obwohl
kein grunderwerbsteuerlich relevanter Unterschied zwischen den
beiden Umlegungsformen bestehe.






17




Beide Formen der Umlegung seien bereits insofern
gleich, als sie die Neuordnung der Grundstücksverhältnisse
bezweckten. In verfahrensrechtlicher Hinsicht bestünden keine
steuerlich relevanten Unterschiede; weder die Einleitung noch
der Abschluss des Verfahrens seien taugliche
Differenzierungsmerkmale. Zudem seien die Merkmale
„Freiwilligkeit“ und „hoheitlicher Zwang“ keine geeigneten
Anknüpfungspunkte für die Bestimmung des Steuergegenstands. Dem
Merkmal der „Freiwilligkeit“ sei nur eine begrenzte Bedeutung
beizumessen: Freiwillige Umlegungsvereinbarungen unterschieden
sich nämlich von sonstigen auf freiwilliger Basis
abgeschlossenen Grundstückstauschverträgen dadurch, dass sie in
aller Regel im Zusammenwirken mit der planenden Gemeinde und
zumeist vor Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans, der das
Recht zur Bebauung erst begründe, beurkundet würden. Weiterhin
bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle
der Einigkeit aller übrigen Grundstückseigentümer über die
Umlegung eine Pflicht der Gemeinde zur Beteiligung an der
privaten Neuordnung der Grundstücke. Mithin könnten freiwillige
Baulandumlegungen auch nicht dem normalen Marktgeschehen
zugeordnet werden.






18




Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
22. Mai 2001 (BVerfGE 104, 1) ergebe sich als Ausfluss des Art.
14 Abs. 1 GG ein Vorrang der freiwilligen gegenüber der
hoheitlichen Umlegung. Aus der Subsidiarität des amtlichen
Umlegungsverfahrens erwachse die Verpflichtung der Gemeinde,
sich an der freiwilligen Umlegung zu beteiligen. Diese
verfassungsrechtlich gebotene Mitwirkungspflicht der Kommune
dürfe steuerrechtlich nicht benachteiligt werden. Im Übrigen
bestehe auch im Hinblick auf eine Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit kein relevanter Unterschied
zwischen beiden Umlegungsformen.






19




Verwaltungsvereinfachungs- oder Lenkungsziele könnten
die grunderwerbsteuerliche Ungleichbehandlung von freiwilliger
und amtlicher Umlegung nicht rechtfertigen. Zum einen erfordere
die Feststellung, ob ein Grundstückstauschvertrag die Merkmale
des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB erfülle oder lediglich ein
sonstiger Grundstückstauschvertrag sei, keinen erheblichen
Verwaltungsaufwand. Zum anderen würden Lenkungsziele mit der
Steuerfreistellung der Erwerbsvorgänge im Rahmen der amtlichen
Umlegung ersichtlich nicht verfolgt.






20




Schließlich habe der Gesetzgeber mit der
Kodifizierung des städtebaulichen Vertrags in § 11 BauGB das
Ziel verfolgt, kooperatives Verwaltungshandeln zu erleichtern.
Dem widerspreche es jedoch, wenn sich aus dem Abschluss von
Verträgen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB
steuerliche Nachteile ergäben und die Beteiligten damit
letztlich gezwungen seien, trotz erzielter Einigung das
verwaltungsaufwendige und zeitintensive Verfahren der amtlichen
Umlegung durchzuführen.






21




2. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei verletzt, weil der
Bundesfinanzhof seiner Pflicht aus Art. 100 Abs. 1 GG zur
Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer
verfassungsgerichtlichen Entscheidung nicht nachgekommen
sei.







IV.






22




Zur Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium
der Finanzen namens der Bundesregierung, die Bayerische
Staatsregierung, der Vizepräsident des
Bundesverwaltungsgerichts, der Deutsche Städtetag zusammen mit
dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, der Deutsche
Notarverein, die Bundesnotarkammer, die
Bundessteuerberaterkammer, der Deutsche Anwaltverein, die
Bundesrechtsanwaltskammer, der Bundesverband für Wohnen und
Stadtentwicklung e.V. und der Zentralverband der Deutschen
Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer e.V. Haus & Grund
Deutschland Stellung genommen.






23




Die Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung,
der Deutsche Notarverein, die Bundessteuerberaterkammer und der
Deutsche Anwaltverein halten die Verfassungsbeschwerde für
unbegründet; hingegen sehen der Verband Haus & Grund
Deutschland und die Bundesrechtsanwaltskammer in der
beanstandeten Vorschrift einen Verstoß gegen den
Gleichheitssatz.






24




Der Deutsche Städtetag zusammen mit dem Deutschen
Städte- und Gemeindebund, der Bundesverband für Wohnen und
Stadtentwicklung e.V. und die Bundesnotarkammer haben sich
weitgehend auf die Beantwortung der vom Bundesverfassungsgericht
an sie zur Rechtspraxis bei Baulandumlegungen gerichteten Fragen
beschränkt.






25




1. Nach Auffassung des Bundesministeriums der
Finanzen bestehen zwischen der freiwilligen Umlegung durch einen
städtebaulichen oder rein privatrechtlichen Vertrag und der
amtlichen Umlegung nach den §§ 45 ff. BauGB so weitgehende
strukturelle Unterschiede, dass eine gesetzliche Differenzierung
bezüglich der Grunderwerbsbesteuerung auf jeden Fall
gerechtfertigt sei. Die amtliche Umlegung trage dem Umstand
Rechnung, dass eine Gemeinde die städtebauliche
Grundstücksneuordnung nicht in jedem Fall einvernehmlich mit den
Eigentümern regeln könne und erfülle damit auch die Funktion,
einen entgegenstehenden Willen von Eigentümern bei der
Baulandumlegung rechtlich zu überwinden. Demgegenüber liege der
freiwilligen Umlegung ein konsensualer Vertrag zugrunde, der
gerade die willentliche Mitwirkung aller Eigentümer erfordere.







26




Der rechtliche Unterschied zwischen den beiden
Umlegungsarten spiegle sich auch darin wider, dass § 59 BauGB
der Umverteilung bei der amtlichen Baulandumlegung einen festen
und objektiven Maßstab vorgebe, mit dem Ziel, dass kein
Eigentümer einen wirtschaftlichen Gewinn oder Verlust mache;
marktähnliche Kauf- oder Tauschelemente sollten hiernach gerade
nicht Bestandteil der Baulandumlegung sein. Der städtebauliche
Vertrag als rechtsgeschäftliche Grundlage der freiwilligen
Umlegung kenne demgegenüber keine dem § 59 BauGB vergleichbare
enge Festlegung der Äquivalenz der wechselseitigen
Grundstückszuteilungen. Das Gebot der Angemessenheit von
Leistung und Gegenleistung in § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB verlange
anders als § 59 BauGB keine strenge Wertgleichheit der
Leistungen.






27




Auch unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit begegne die steuerliche
Differenzierung zwischen freiwilliger und amtlicher Umlegung
keinen Bedenken. Zwar bringe der Grundstückseigentümer, der sich
an einer amtlichen Baulandumlegung beteilige, durch sein
Grundeigentum ebenfalls wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum
Ausdruck; er wende sich dabei aber - anders als bei der
freiwilligen Umlegung - nicht an den Markt.






28




Gegen die Annahme faktischen Zwangs zur Mitwirkung an
einer freiwilligen Umlegung spreche schon, dass aus der Praxis
nicht bekannt sei, dass die freiwillige Umlegung dort weit
häufiger vorkomme als die amtliche und das Scheitern einer
freiwilligen Umlegung zwangsläufig die Durchführung des
amtlichen Verfahrens zur Folge habe.






29




2. Der Deutsche Notarverein sieht in der
unterschiedlichen Struktur der beiden Umlegungsarten einen
sachlichen Differenzierungsgrund, der ihre ungleiche Behandlung
bei der Grunderwerbsteuer rechtfertige. Ohne diese
Differenzierung würde die Gestaltungspraxis versuchen,
privatrechtliche Tauschverträge als freiwillige Umlegungen zu
qualifizieren, um in den Genuss der Grunderwerbsteuerbefreiung
zu gelangen.






30




3. Die Bundessteuerberaterkammer geht zwar davon aus,
dass in der Praxis sowohl bei der amtlichen als auch bei der
freiwilligen Umlegung ein Zusammenwirken von Eigentümern und
Gemeinde üblich sei; dennoch handele es sich nach der
bestehenden Rechtslage um strukturell unterschiedliche
Neuordnungsverfahren, die grunderwerbsteuerlich nicht gleich
behandelt werden müssten.






31




4. Der Deutsche Anwaltverein ist ebenfalls der
Auffassung, dass die intensive Beteiligung der
Grundstückseigentümer am amtlichen Umlegungsverfahren nichts
daran ändere, dass bei der amtlichen anders als bei der
freiwilligen Umlegung eine Bodenneuordnung auch ohne
Einverständnis und gegen den Willen der Beteiligten durchgeführt
werden könne. Obgleich die vertragliche Umlegung ihren
Ausgangspunkt in der beabsichtigten Neuordnung der
Grundstücksverhältnisse habe, beruhe sie doch auf Freiwilligkeit
und Einvernehmen und sei damit durchaus mit einem sonstigen
grunderwerbsteuerpflichtigen Grundstückstauschvertrag
vergleichbar. Überdies sei die Mitwirkung an einer freiwilligen
Umlegung trotz der sich daraus ergebenden steuerlichen Folgen
nicht nur nachteilig, da hierbei die Grundstückseigentümer auf
den vertraglichen Inhalt viel intensiver Einfluss nehmen könnten
als auf den Inhalt des Umlegungsplans.






32




5. Demgegenüber geht der Verband Haus & Grund
Deutschland von der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde aus,
weil beide Umlegungsarten die gleichen bauordnungsrechtlichen
Ziele verfolgten und sich aus § 79 BauGB ergebe, dass der
Gesetzgeber jedenfalls hinsichtlich der Kosten eine
Gleichbehandlung wolle. Aus der Verwobenheit der beiden
Umlegungsarten folge, dass auch eine freiwillige Umlegung nicht
allein auf privatautonomen Entscheidungen eines
Grundstückseigentümers beruhen könne. Von einer Bodenneuordnung
betroffene Grundstückseigentümer seien häufig geneigt, einer
freiwilligen Umlegung zuzustimmen, um langwierige
Abstimmungsprozesse oder Baubeschränkungen zu verhindern.
Insoweit sei eine freiwillige Umlegung dem normalen
Marktgeschehen entzogen.






33




6. Nach Auffassung der Bundesrechtsanwaltskammer
rechtfertigt allein die Option, die amtliche Umlegung
einseitig-hoheitlich durchsetzen zu können, nicht den
steuerlichen Nachteil bei einer freiwilligen Umlegung, da sie in
Ansehung des Art. 14 Abs. 1 GG die vorrangige Form der
Bodenordnung sei und dem gleichen Zweck diene wie die amtliche
Umlegung. Aus Typisierungs- und Vereinfachungserfordernissen sei
nicht entscheidend, ob Grundstücke hoheitlich oder freiwillig
umgelegt worden seien, sondern dass überhaupt eine Umlegung
stattgefunden habe, die dem Leitbild der §§ 45 ff. BauGB
entspreche. Dass ein Umlegungsplan gegebenenfalls
einseitig-hoheitlich von der Gemeinde vollzogen werden könne,
während ein Umlegungsvertrag unter Umständen gerichtlich
durchgesetzt werden müsse, betreffe die nachrangige Frage der
Vollziehung und habe mit den Gründen der Steuerbefreiung nach §
1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe b GrEStG nichts zu tun. Nach dem
Wortlaut der Befreiungsvorschrift sei es spätestens nach der
Aufnahme der freiwilligen Umlegung in den Katalog zulässiger
städtebaulicher Verträge (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB)
bei verfassungskonformer Interpretation naheliegend, die
Steuerbefreiung auch auf die freiwillige Umlegung zu
erstrecken.






34




7. Der 4. Revisionssenat des
Bundesverwaltungsgerichts bezeichnet die amtliche Umlegung als
ein förmliches und zwangsweise durchsetzbares gesetzliches
Tauschverfahren, bei dem die in den §§ 45 ff. BauGB enthaltenen
Vorgaben strikt einzuhalten seien. Demgegenüber beließen
einvernehmliche Umlegungsregelungen den Beteiligten einen
deutlich größeren Gestaltungsraum, als er ihnen nach den
bindenden Regelungen der §§ 45 ff. BauGB zustehe.






35





8 . Den meisten
Stellungnahmen zufolge, die auf entsprechende Fragen des
Bundesverfassungsgerichts zur Rechtspraxis bei Baulandumlegungen
eingehen, wird die amtliche Umlegung jedenfalls dann als
eindeutig vorzugswürdig gegenüber der freiwilligen angesehen,
wenn aufgrund einer großen Anzahl betroffener
Grundstückseigentümer einvernehmliche Regelungen mit allen
Beteiligten nur schwer oder überhaupt nicht zu erzielen seien.
Dies sei häufig der Fall. Eine nicht nur wegen ihrer
Grunderwerbsteuerbefreiung zunehmend häufiger praktizierte Form
der Baulandumlegung sei die vereinbarte amtliche Umlegung, bei
der sich die Grundstückseigentümer zunächst untereinander und
mit der Gemeinde darauf verständigten, mittels eines
städtebaulichen Vertrags die gewollten Ergebnisse des
Bodenordnungsverfahrens festzulegen, und bei der sie
vereinbarten, den Vollzug der Neuordnung der
Grundstücksverhältnisse danach im hoheitlichen Verfahren
durchzuführen. Eine Reihe von Stellungnahmen weist schließlich
darauf hin, dass das Scheitern der Verhandlungen über eine
freiwillige Umlegung nicht automatisch die Einleitung eines
hoheitlichen Umlegungsverfahrens zur Folge habe; es komme
vielmehr auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles an, die
dazu führen könnten, dass die Gemeinde ganz auf die
Bodenneuordnung verzichte.







B.






36




Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht
begründet.







I.






37




Es verstößt nicht gegen den allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz
2 Buchstabe b GrEStG lediglich Grundstückserwerbe im amtlichen
Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB von der
Grunderwerbsteuer ausnimmt, aber Erwerbsvorgänge anlässlich
einer freiwilligen Umlegung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der
Grunderwerbsteuer unterwirft.






38




1. a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor
dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot,
wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu
behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche
Begünstigungen (vgl. BVerfGE 121, 108 ; 121, 317
; 126, 400 ; BVerfG, Urteil des Ersten
Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303
). Verboten ist daher auch ein
gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine
Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen
Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164
; 121, 108 ; 121, 317 ; 126,
400 ; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17.
Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 121>). Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht
jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets
der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß
der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein
stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter
verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und
Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils
betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen
bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 ; 93, 319
; 107, 27 ; 126, 400 ; 129,
49 ; 132, 179 ; BVerfG, Urteil des
Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015,
S. 303 ).






39




Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen
an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich
aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand
und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den
Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot
beschränkten Bindungen bis hin zu strengen
Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE
117, 1 ; 122, 1 ; 126, 400 ; 129,
49 ; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember
2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 ).
Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den
jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfGE 88,
87 ; 111, 176 ; 129, 49 ; BVerfG,
Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -,
NJW 2015, S. 303 ). Zudem verschärfen sich
die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die
Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für
den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 ;
129, 49 ; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17.
Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 122>) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG
annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 ; 124, 199 ;
129, 49 ; 130, 240 ; 132, 179 Rn. 31>; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember
2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 122>).






40




Gleichheitsrechtlicher Ausgangspunkt im Steuerrecht
ist der Grundsatz der Lastengleichheit. Die Steuerpflichtigen
müssen dem Grundsatz nach durch ein Steuergesetz rechtlich und
tatsächlich gleichmäßig belastet werden (vgl. BVerfGE 117, 1
; 121, 108 ; 126, 400 ; BVerfG,
Urteil des Ersten Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -,
juris, Rn. 41; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember
2014 - 1 BvL 21/12 -, NJW 2015, S. 303 ). Der
Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber einen weit reichenden
Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des
Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes
(vgl. BVerfGE 123, 1 ; stRspr). Abweichungen von der
mit der Wahl des Steuergegenstandes einmal getroffenen
Belastungsentscheidung müssen sich indessen ihrerseits am
Gleichheitssatz messen lassen (Gebot der folgerichtigen
Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands, vgl.
BVerfGE 117, 1 ; 120, 1 ; 121, 108
; 126, 400 ; BVerfG, Urteil des Ersten
Senats vom 5. November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 41;
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL
21/12 -, NJW 2015, S. 303 ). Demgemäß
bedürfen sie eines besonderen sachlichen Grundes (vgl. BVerfGE
117, 1 ; 120, 1 ; 126, 400 ; 132,
179 ; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 5.
November 2014 - 1 BvF 3/11 -, juris, Rn. 41), der die
Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag. Dabei steigen die
Anforderungen an den Rechtfertigungsgrund mit Umfang und Ausmaß
der Abweichung (vgl. dazu BVerfGE 117, 1 ; BVerfG,
Urteil des Ersten Senats vom 17. Dezember 2014 - 1 BvL 21/12 -,
NJW 2015, S. 303 ).






41




b) Ausgehend hiervon ist die grunderwerbsteuerliche
Ungleichbehandlung von freiwilliger und amtlicher Umlegung
innerhalb der Gleichheitsprüfung nicht an einem strengen
Verhältnismäßigkeitsmaßstab zu messen. Die zur
Grunderwerbsteuerpflicht führende Teilnahme an einer nach § 11
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB als städtebaulicher Vertrag oder in
sonstiger Weise vertraglich geregelten Umlegung erfolgt
grundsätzlich freiwillig und ist damit für den Steuerschuldner
verfügbar. Die Besteuerung von Grundstücksübertragungsvorgängen
im Sinne des § 1 GrEStG entfaltet im Vergleich zu der hier in
Rede stehenden Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3
Satz 2 Buchstabe b GrEStG auch weder freiheitseinschränkende
Wirkung noch weist sie eine Nähe zu den Diskriminierungsverboten
des Art. 3 Abs. 3 GG auf. Diese Befreiung erreicht schließlich
auch kein solches Ausmaß, dass die Differenzierung einen
strengeren Prüfungsmaßstab erforderte. Der Gesetzgeber verfügt
bei der Ausgestaltung der Befreiungstatbestände von der
Grunderwerbsteuer somit über einen beträchtlichen
Spielraum.






42




2. Gemessen an diesem großzügigen Prüfungsmaßstab
bestehen zwischen dem Erwerb eines Grundstücks im amtlichen
Umlegungsverfahren nach den §§ 45 ff. BauGB und dem
Grundstückserwerb im Wege der freiwilligen Baulandumlegung
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine
unterschiedliche Behandlung bei der Grunderwerbsteuer
rechtfertigen können (a). Dies gilt auch dann, wenn der
Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer in der Abschöpfung einer
bestimmten, sich in der Vermögensverwendung äußernden
Leistungsfähigkeit liegen sollte (b).






43




a) Die Grunderwerbsteuer ist eine Rechtsverkehrsteuer
(vgl. BFH, Beschluss vom 26. Januar 2000 - II B 108/98 -, BFH/NV
2000, S. 1136 ; BFHE 206, 374 ; BFH,
Urteil vom 9. April 2008 - II R 32/06 -, DStRE 2008, S. 1152
; Fischer, in: Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz,
17. Aufl. 2011, Vorbemerkungen Rn. 131 und 135 f.; Desens, in:
Festschrift für Paul Kirchhof zum 70. Geburtstag, Bd. 2, 2013,
S. 2069 ). Durch die Besteuerung von
Verkehrsvorgängen wird die private Vermögensverwendung belastet
(vgl. BVerfGE 93, 121 ).






44




Anders als bei der amtlichen Umlegung ist die
Teilnahme an vertraglichen Umlegungen grundsätzlich freiwillig.
Dies rechtfertigt es, im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden
Spielraums die hierauf beruhenden Grundstückserwerbsvorgänge als
Teilnahme am Rechtsverkehr und damit grunderwerbsteuerpflichtig
zu bewerten, die Veränderungen in der Grundstückszuordnung als
Folge einer amtlichen Umlegung hingegen nicht.






45




aa) Die amtliche Umlegung nach den §§ 45 ff. BauGB
schränkt die verfassungsrechtlich gewährleistete
Verfügungsfreiheit des Eigentümers ein. Die mit einem teilweisen
oder gänzlichen Verlust des bisherigen konkreten Grundstücks und
der Neuzuteilung verbundene Änderung der Eigentumsverhältnisse
kann notfalls auch gegen den Willen einzelner Eigentümer
erfolgen (vgl. BVerfGE 104, 1 ).






46




Die Inhaber von Rechten an den betroffenen
Grundstücken sind hier nicht gleiche Partner eines Vertrags,
sondern Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens (vgl. § 48 Abs. 1
BauGB). Unbeschadet einzelner auf ein kooperatives Mitwirken der
Beteiligten angelegter Regelungen (vgl. § 56 Abs. 2, § 59 Abs. 4
Nr. 1, 2 und 3, § 62 Abs. 1, § 73 Nr. 3, § 76 BauGB) stellt die
amtliche Umlegung nach ihrer gesetzlichen Konzeption ein
förmliches und zwangsweises Grundstückstauschverfahren dar (vgl.
Breuer, in: Schrödter, Baugesetzbuch, 7. Aufl. 2006, § 45 Rn. 6;
Grziwotz, in: Spannowsky/Uechtritz, Beck’scher Online-Kommentar
Öffentliches Baurecht, Stand September 2014, § 72 Rn. 6; Otte,
in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand
September 2011, § 45 Rn. 3; Dirnberger, in:
Jäde/Dirnberger/Weiß, Baugesetzbuch, 7. Aufl. 2013, § 11 Rn. 22
f.). Die Gemeinde ordnet die Umlegung an, die dann nach Anhörung
der Eigentümer durch einen Beschluss der Umlegungsstelle
eingeleitet wird (§ 46 Abs. 1, § 47 Abs. 1 BauGB). Der
Umlegungsbeschluss ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung gegenüber
allen Beteiligten. Mit seiner Bekanntmachung unterliegen die
Grundstücke des Umlegungsgebiets der Verfügungs- und
Veränderungssperre nach § 51 BauGB sowie dem Vorkaufsrecht nach
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (vgl. Reidt, in:
Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 47
Rn. 3; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, Baugesetzbuch, 7. Aufl.
2013, § 47 Rn. 7). Die Änderung der Eigentumszuordnung vollzieht
sich bei der amtlichen Umlegung ebenfalls nach
öffentlich-rechtlichen Grundsätzen, indem mit der Bekanntmachung
des Zeitpunkts der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans (vgl. §
71 Abs. 1 Satz 1 BauGB) der bisherige Rechtszustand durch den in
dem Umlegungsplan vorgesehenen neuen Rechtszustand ersetzt wird
(vgl. § 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB), ohne dass es dazu einer
Eintragung ins Grundbuch bedarf (vgl. Reidt, in:
Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 12. Aufl. 2014, § 72
Rn. 2; Otte, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger,
Baugesetzbuch, Stand Dezember 2007, § 72 Rn. 4). Die
nachfolgende Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch
dient nur noch dessen Berichtigung (vgl. § 74 BauGB).






47




bb) Die freiwillige Umlegung ist hingegen kein von
der Gemeinde - auch gegen den Willen der betroffenen Eigentümer
- eingeleitetes Verwaltungsverfahren, sondern eine vertragliche
Vereinbarung, die eine einvernehmliche Neuordnung der
Grundstücksverhältnisse zum Gegenstand hat. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eröffnet die
freiwillige Umlegung Raum für Regelungen solcher Art, die
einseitig im Umlegungsplan des förmlichen Umlegungsrechts nicht
getroffen werden könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juli
2001 - BVerwG 4 B 24.01 -, NVwZ 2002, S. 473 ; siehe
auch Dirnberger, in: Jäde/Dirnberger/Weiß, Baugesetzbuch, 7.
Aufl. 2013, § 11 Rn. 23 ff.). Demgemäß seien etwa Vereinbarungen
möglich, die von den Vorgaben in §§ 55 ff. BauGB abweichende
Verteilungsmaßstäbe und Kostentragungsregelungen vorsähen (vgl.
BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1984 - BVerwG 4 C 24.80 -, NJW 1985,
S. 989; BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 4 B
216.94 - Buchholz 316 § 59 VwVfG Nr. 11). Auch der
Eigentumsübergang an den betroffenen Grundstücken erfolgt hier
durch Rechtsgeschäft nach Auflassung (§ 925 BGB) und Eintragung
im Grundbuch (§ 873 BGB).






48




cc) Beide Umlegungsarten weisen danach in
städtebaulicher Hinsicht zwar eine gleiche Zielrichtung auf.
Ihre Unterschiede bezüglich des zugrunde liegenden Verfahrens
und der Freiwilligkeit der Teilnahme daran sind jedoch von
solchem Gewicht, dass der Gesetzgeber sie im Hinblick auf den
Charakter der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer
unterschiedlich behandeln darf. Gemessen an dem hier
anzulegenden, großzügigen Maßstab liegt ein tragfähiger
Sachgrund für die grunderwerbsteuerliche Ungleichbehandlung
jedenfalls darin, dass der die Grunderwerbsteuer auslösende
Wechsel in der Eigentumszuordnung (vgl. BFHE 206, 374
m.w.N.) bei der freiwilligen Umlegung auf einer
privatautonomen Entscheidung des Grundstückseigentümers beruht,
während er bei der amtlichen Umlegung auch gegen den Willen des
Eigentümers durchgesetzt werden kann. Wer im Rahmen einer
freiwilligen Umlegung ein Grundstück erwirbt, nimmt aufgrund
eigenen Entschlusses am Markt teil (in diesem Sinne auch
BTDrucks 9/2114, S. 5) und wird dadurch
grunderwerbsteuerpflichtig. Hingegen würde die Belastung mit
Grunderwerbsteuer bei einem amtlichen Umlegungsverfahren nicht
an das Ergebnis einer autonomen Entscheidung anknüpfen, sondern
an die Neuordnung der Grundstücke durch Verwaltungsakt, die auch
gegen den Willen des Eigentümers durchgesetzt werden kann.







49




dd) Die in diesem Verfahren eingeholten
Stellungnahmen haben auch nicht ergeben, dass freiwillige und
amtliche Umlegung in der kommunalen Praxis weitgehend als
beliebig austauschbar behandelt werden und deshalb keine
Differenzierung gerechtfertigt sei. Sie werden offenbar vielmehr
als Instrumente der Bodenordnung mit deutlich unterschiedlichem
Rechtscharakter und dementsprechend je eigenen Vor- und
Nachteilen wahrgenommen und nach Maßgabe der örtlichen
Grundstücks- und Eigentumsstrukturen bewusst eingesetzt. So wird
die freiwillige Umlegung nach den insoweit weitgehend
übereinstimmenden Angaben in aller Regel nur bei absehbar
konsensual zu lösenden Verteilungsfragen in Betracht gezogen.
Schließlich führt nach diesen Erkenntnissen das Scheitern einer
freiwilligen Umlegung auch keineswegs immer und
selbstverständlich zu einer amtlichen Umlegung.






50




b) Die im Gesetz vorgesehene grunderwerbsteuerliche
Ungleichbehandlung freiwilliger und amtlicher
Grundstücksumlegungen wäre auch dann gerechtfertigt, wenn man
den Belastungsgrund der Grunderwerbsteuer in der Abschöpfung
einer sich in der Vermögensverwendung äußernden
Leistungsfähigkeit sähe.






51




Nach der im Gesetzgebungsverfahren verschiedentlich
zum Ausdruck gekommenen Vorstellung des Gesetzgebers soll die
Grunderwerbsteuer die sich im Erwerbsvorgang offenbarende
Leistungsfähigkeit erfassen (vgl. BTDrucks 8/2555, S. 7 und
9/251, S. 12 mit Verweis auf das Gutachten der
Steuerreformkommission 1971, Abschnitt IX Verkehrsteuern, Rn.
106). Es bedarf hier keiner Entscheidung der im
steuerrechtlichen Schrifttum und in der finanzgerichtlichen
Rechtsprechung uneinheitlich beurteilten Frage, ob die
Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer hiernach auch am
Leistungsfähigkeitsprinzip zu messen ist (vgl. dazu Fischer, in:
Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl. 2011,
Vorbemerkungen Rn. 137 ff.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO,
Stand Januar 2012, § 3 AO Rn. 50a; Englisch, in: Tipke/Lang,
Steuerrecht, 21. Aufl. 2013, § 18 Rn. 4, jeweils m.w.N. und BFH,
Urteil vom 9. April 2008 - II R 32/06 -, DStRE 2008, S. 1152
). Denn auch im Falle einer an
Leistungsfähigkeitsaspekten orientierten Grunderwerbsbesteuerung
wäre es nicht geboten, die freiwillige Umlegung und die
gesetzliche Umlegung grunderwerbsteuerlich gleich zu
behandeln.






52




Sollte mit der Grunderwerbsteuer die durch Nachfrage
und Konsumbereitschaft zum Ausdruck kommende vermutete
Zahlungsfähigkeit des Steuerschuldners erfasst werden (vgl. P.
Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rn.
247), könnte dieser Schluss ohnehin nur für die Beteiligung an
einer freiwilligen Umlegung gezogen werden. Die Teilnahme an
einem solchen (Umlegungs-)Vertragsverhältnis, die eine
freiwillige Vermögensdisposition zur Folge hat, vermag
typisierend Zahlungsfähigkeit zu indizieren. Beruht ein
Grundstücksverkehrsvorgang hingegen nicht auf freiwilligen
Vermögensdispositionen, sondern auf Hoheitsakten, die gegenüber
dem Betroffenen gegebenenfalls auch mit Zwangsmitteln
durchgesetzt werden können, so kann daraus nicht geschlossen
werden, dass in ihm typischerweise Zahlungskraft zum Ausdruck
kommt. Auch unter Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten besteht
daher ein Unterschied zwischen Eigentumsübergängen bei
freiwilligen Umlegungen und bei Umlegungen nach den Vorschriften
der §§ 45 ff. BauGB, der eine entsprechende Differenzierung in
der Besteuerung rechtfertigt.







II.






53




Der Bundesfinanzhof hat, indem er die Sache nicht
nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt
hat, nicht gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter nach
Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, weil er die beanstandete
Regelung nicht für verfassungswidrig gehalten hat (vgl. BVerfGE
117, 330 ).






54




Die Entscheidung ist mit 6 : 2 Stimmen
ergangen.









Kirchhof
Gaier
Eichberger


Schluckebier
Masing
Paulus


Baer
Britz









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