1 BvR 1412/97 - Keine einstweilige Anordnung gegen Gesetzesberatung in Sachen "LER"Siehe auchPressemitteilung Nr. 49/2002 vom 26. April 2002
Karar Dilini Çevir:





 



BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvR 1412/97 -

- 1 BvQ 14/02 -










Im Namen des Volkes




In den Verfahren

über

die Verfassungsbeschwerde




 



der Frau D...,
der Minderjährigen D...,

gesetzlich vertreten durch die Beschwerdeführer zu 3 und
4,
der Frau D...,
des Herrn D...,
der Minderjährigen O...,

gesetzlich vertreten durch die Beschwerdeführer zu 7 und
8,
des Herrn O...,
der Frau O...,
des Herrn O...,
des Minderjährigen Sch...,
der Minderjährigen Sch...,

Beschwerdeführer zu 9 und 10 gesetzlich vertreten durch die
Beschwerdeführer zu 11 und 12,
der Frau Sch...,
des Herrn Sch...,





 





gegen

§ 9 Abs. 2 und 3,
§ 11 Abs. 2 bis 4 und § 141 des Gesetzes über
die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches
Schulgesetz - BbgSchulG) vom 12. April 1996 (GVBl I S.
102)






 




hier:
Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung






 



- 1 BvR 1412/97 -,




und

über den Antrag

auf Erlass einer einstweiligen Anordnung




 



des Minderjährigen G...,

Antragsteller zu 13 gesetzlich vertreten durch die
Antragsteller zu 14 und 15,
der Frau G...,
des Herrn G...,





 



- 1 BvQ 14/02 -




 



- Bevollmächtigter:


Rechtsanwalt Hansgötz Werner,

Eschersheimer Landstraße 407, 60320 Frankfurt am Main -





 



hat das Bundesverfassungsgericht - Erster
Senat - unter Mitwirkung

des Präsidenten Papier,

der Richterinnen Jaeger,

Haas,

der Richter Hömig,

Steiner,

der Richterin Hohmann-Dennhardt

und der Richter Hoffmann-Riem,

Bryde




 



am 23. April 2002 beschlossen:




 



Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung wird abgelehnt.




 


Gründe:




I.




1



Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der verhindert
werden soll, dass der Landtag von Brandenburg im Anschluss an
den Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts
vom 11. Dezember 2001 - 1 BvF 1/96 und andere - eine Änderung
des Brandenburgischen Schulgesetzes berät und
verabschiedet.




2



1. Die Antragsteller zu 1 bis 12 sind
Beschwerdeführer des Verfassungsbeschwerdeverfahrens 1 BvR
1412/97, in dem sie sich gegen die Regelungen über den
Religionsunterricht und das Unterrichtsfach
Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde in § 9 Abs. 2 und
3, § 11 Abs. 2 bis 4 und § 141 des Gesetzes über
die Schulen im Land Brandenburg (Brandenburgisches
Schulgesetz) vom 12. April 1996 (GVBl I S. 102) wenden. Die
Antragsteller zu 13 bis 15 hatten gegen diese Vorschriften
mit Schriftsatz ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten
vom 6. August 1996 ebenfalls Verfassungsbeschwerde erhoben.
Diese wurde mit dessen Schriftsatz vom 28. Juli 1997
zurückgenommen.




3



2. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem
Verfassungsbeschwerdeverfahren der Antragsteller zu 1 bis 12
und in den weiteren denselben Gegenstand betreffenden
Verfahren 1 BvF 1/96, 1 BvR 1697/96, 1 BvR 1718/96 und 1 BvR
1783/96 den Beteiligten mit Beschluss vom 11. Dezember 2001
(in juris veröffentlicht) einen Vorschlag für eine
einvernehmliche Verständigung unterbreitet. Bis auf die
Antragsteller zu 1 bis 12, die inzwischen durch einen neuen
Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden, haben alle
Beteiligten dem Bundesverfassungsgericht mitgeteilt, dass
ihnen eine derartige Verständigung auf der Grundlage dieses
Vorschlags möglich erscheine. Die Landesregierung Brandenburg
hat daraufhin den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung
des Brandenburgischen Schulgesetzes beschlossen und beim
Landtag Brandenburg eingebracht (vgl. LTDrucks 3/4148). Der
Entwurf entspricht im Wesentlichen dem Vorschlag des
Bundesverfassungsgerichts vom 11. Dezember 2001.




4



3. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung wollen die Antragsteller erreichen,
dass es der Landtag Brandenburg unterlässt, den von der
Landesregierung beschlossenen Gesetzentwurf zur Änderung des
mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Brandenburgischen
Schulgesetzes "weiter voranzutreiben bzw. zu beschließen".
Die beantragte einstweilige Anordnung diene zudem der
Sicherung der Verfahren, die mit dem Normenkontrollantrag 1
BvF 1/96 und den parallel dazu eingelegten
Verfassungsbeschwerden anhängig geworden sind.




5



Die Antragsteller sind der Meinung, dass die
Vorschläge in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom
11. Dezember 2001 überwiegend verfassungswidrig sind. Sie
machen Verstöße insbesondere gegen Art. 3 Abs. 1 bis 3, Art.
4 Abs. 2 sowie Art. 7 Abs. 2 und 3 GG geltend. Außerdem
befürchten sie, dass nach Verabschiedung eines
Änderungsgesetzes zum Brandenburgischen Schulgesetz vom
Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde der
Antragsteller zu 1 bis 12 nicht mehr entschieden werden
könnte.




II.




6



Der Senat hat wegen der besonderen
Dringlichkeit davon abgesehen, dem Landtag und der
Landesregierung Brandenburg Gelegenheit zur Stellungnahme zu
geben (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Er entscheidet
aus demselben Grund ohne mündliche Verhandlung (vgl.
§ 32 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).




III.




7



Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen
Anordnung hat keinen Erfolg.




8



1. Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das
Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch
einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr
schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder
aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend
geboten ist. Eine einstweilige Anordnung kann danach unter
anderem dann erlassen werden, wenn sie notwendig ist, um die
Effektivität der künftigen Entscheidung in der Hauptsache zu
sichern, insbesondere den Eintritt irreversibler Zustände zu
verhindern (vgl. BVerfGE 42, 103 ). Ist ein
Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig, ist ein Eilantrag
nur zulässig, wenn der Streitfall als Hauptsache in
zulässiger Weise vor das Bundesverfassungsgericht gebracht
werden könnte (vgl. BVerfGE 3, 267 ; 7, 367
).




9



2. Danach ist für den Erlass einer
einstweiligen Anordnung hier kein Raum.




10



Soweit die Antragsteller mit ihr erreichen
wollen, dass der brandenburgische Gesetzgeber über den von
der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf nicht berät,
fehlt es derzeit an einem Hoheitsakt, durch den die
Antragsteller in Grundrechten - insbesondere gegenwärtig -
beschwert sein könnten (zum Zulässigkeitserfordernis einer
Beschwer vgl. BVerfGE 18, 1 ; 38, 326
; 48, 64 ). Es ist auch noch nicht
absehbar, dass und in welcher Weise die Antragsteller durch
den Gesetzesbeschluss, den sie verhindern wollen, beschwert
sein werden. Die Antragsteller tragen dazu Substantiiertes
nicht vor. Offenbar ist ihr eigentliches Antragsziel, den
Verfahrensgegenstand zu erhalten, gegen den sich die
Verfassungsbeschwerde der Antragsteller zu 1 bis 12 richtet.
Darauf haben sie aber - unabhängig davon, dass die
Antragsteller zu 13 bis 15 am anhängigen
Verfassungsbeschwerdeverfahren ohnehin nicht beteiligt sind -
keinen Anspruch. Eine Verfassungsbeschwerde vor der
Beschlussfassung über ein Änderungsgesetz zum
Brandenburgischen Schulgesetz wäre danach unzulässig. Auch
der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt deshalb nicht
in Betracht.




11



Das Bundesverfassungsgericht wird im Übrigen
über die Anträge in den anhängigen Verfahren entscheiden,
soweit diese nach einer Änderung des Brandenburgischen
Schulgesetzes nicht durch entsprechende Erklärungen beendet
werden. Es ist über das bereits Ausgeführte hinaus nicht
ersichtlich, dass es dazu der Sicherung durch den Erlass
einer einstweiligen Anordnung bedürfte.




 




Papier
Jaeger
Haas


Hömig
Steiner
Hohmann-Dennhardt


Hoffmann-Riem

Bryde







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