1 BvF 1/01 - Verfassungsmäßigkeit des Lebenspartnerschaftsgesetzes: keine Zustimmungsbedürftigkeit des Bundesrates - keine Beschädigung oder Beeinträchtigung der Ehe, Fördergebot der Ehe gebietet nicht Benachteiligung anderer Lebensformen
Karar Dilini Çevir:






L e i t s ä t z e

zum Urteil des Ersten Senats vom 17. Juli
2002

- 1 BvF 1/01 -

- 1 BvF 2/01 -






Voraussetzung für die ausnahmsweise
Zulässigkeit der Berichtigung eines Gesetzesbeschlusses ist
dessen offensichtliche Unrichtigkeit. Diese kann sich nicht
allein aus dem Normtext, sondern insbesondere auch unter
Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs und der Materialien
des Gesetzes ergeben.

Teilt die Bundesregierung oder der Bundestag
eine Materie in verschiedene Gesetze auf, um
auszuschließen, dass der Bundesrat Regelungen verhindert,
die für sich genommen nicht unter dem Vorbehalt seiner
Zustimmung stehen, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.

Die Einführung des Rechtsinstituts der
eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche
Paare verletzt Art. 6 Abs. 1 GG nicht. Der besondere Schutz
der Ehe in Art. 6 Abs. 1 GG hindert den Gesetzgeber nicht,
für die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft Rechte
und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder
nahe kommen. Dem Institut der Ehe drohen keine Einbußen
durch ein Institut, das sich an Personen wendet, die
miteinander keine Ehe eingehen können.

Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG,
dass nichtehelichen Lebensgemeinschaften
verschiedengeschlechtlicher Personen und
verwandtschaftlichen Einstandsgemeinschaften der Zugang zur
Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft verwehrt
ist.










BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 1 BvF 1/01

- 1 BvF 2/01 -


Verkündet

am 17. Juli 2002

Achilles

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle











IM NAMEN DES VOLKES




In den Verfahren

zur verfassungsrechtlichen Prüfung





des Gesetzes zur Beendigung der
Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften:
Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266),
geändert durch Artikel 25 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch -
(SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom
19. Juni 2001 (BGBl I S. 1046), durch Artikel 10 Nr. 7 Gesetz
zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts
vom 19. Juni 2001 (BGBl I S. 1149) sowie durch Artikel 11
Gesetz zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei
Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der
Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 11. Dezember 2001
(BGBl I S. 3513),




 




I.
Antragstellerinnen:
1.
Sächsische
Staatsregierung,

vertreten durch den Ministerpräsidenten, Archivstraße 1,
01097 Dresden,


 
2.
Landesregierung Freistaat
Thüringen,

vertreten durch den Ministerpräsidenten, Regierungsstraße
73, 99084 Erfurt,






 



- Bevollmächtigte:



Professor Dr. Thomas Würtenberger,

Beethovenstraße 9, 79100 Freiburg,
Professor Dr. Johann Braun,

Bischof-Wolfger-Straße 38, 94032 Passau -






 



- 1 BvF 1/01 -,




 




II.
Antragstellerin:
Bayerische
Staatsregierung,

vertreten durch den Ministerpräsidenten,
Franz-Josef-Strauß-Ring 1, 80539 München,






 



- Bevollmächtigter:


Professor Dr. Peter Badura,

Rothenberg Süd 4, 82431 Kochel a. See -





 



- 1 BvF 2/01 -




 



hat das Bundesverfassungsgericht - Erster
Senat - unter Mitwirkung

des Präsidenten Papier,

der Richterinnen Jaeger,

Haas,

der Richter Hömig,

Steiner,

der Richterin Hohmann-Dennhardt

und der Richter Hoffmann-Riem,

Bryde





auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 9.
April 2002 durch




U r t e i l





für Recht erkannt:




 



Das Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung
gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften
vom 16. Februar 2001 (Bundesgesetzblatt I Seite 266) in der
Fassung des Gesetzes vom 11. Dezember 2001 (Bundesgesetzblatt
I Seite 3513) ist mit dem Grundgesetz vereinbar.




 


Gründe:




A.




1



Die Normenkontrollanträge betreffen die
Vereinbarkeit des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung
gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften
vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266; im Folgenden:
LPartDisBG), das am 1. August 2001 in Kraft getreten ist, mit
dem Grundgesetz.




I.




2



Ziel des Gesetzes ist es, die Diskriminierung
gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen und ihnen die
Möglichkeit zu eröffnen, ihrer Partnerschaft einen
rechtlichen Rahmen zu geben. Hierzu ist mit der eingetragenen
Lebenspartnerschaft ein familienrechtliches Institut für eine
auf Dauer angelegte gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft
mit zahlreichen Rechtsfolgen geschaffen worden.




3



1. Im Jahre 2000 lebten mindestens 47.000
gleichgeschlechtliche Paare in der Bundesrepublik Deutschland
zusammen (siehe Eggen, Gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaften, 2. Teil, in: Baden-Württemberg in Wort
und Zahl 12/2001, S. 579 ff.). Nach einer von Buba und
Vaskovics im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz
erstellten Studie aus dem Jahre 2000 unterscheiden sich
gleichgeschlechtliche Paare in ihren Erwartungen an die
Partnerschaft, deren Dauerhaftigkeit, ihre gegenseitige
Unterstützungsbereitschaft und an das Einstehen füreinander
nicht wesentlich von denen verschiedengeschlechtlicher Paare.
Mehr als die Hälfte der in gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaften lebenden Befragten äußerten den Wunsch,
in einer rechtsverbindlichen Partnerschaft zu leben
(Buba/Vaskovics, Benachteiligung gleichgeschlechtlich
orientierter Personen und Paare, Studie im Auftrag des
Bundesministeriums der Justiz, 2000, S. 75 ff.,
117 ff.). Gleichgeschlechtlichen Paaren ist die
Eingehung einer Ehe versagt.




4



2. Die ersten parlamentarischen Initiativen zu
einer gesetzlichen Regelung homosexueller Partnerschaften in
der Bundesrepublik reichen bis in die 11. Legislaturperiode
des Deutschen Bundestages zurück (vgl. den
Entschließungsantrag der Fraktion DIE GRÜNEN vom 18. Mai
1990, BTDrucks 11/7197). 1994 forderte das Europäische
Parlament in einer Entschließung die Mitgliedstaaten der
Europäischen Union auf, die ungleiche Behandlung von Personen
mit gleichgeschlechtlicher Orientierung in ihren jeweiligen
Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu vermeiden, und
richtete an die Kommission den Appell, Homosexuellen den
Zugang zur Ehe oder entsprechenden rechtlichen Regelungen zu
eröffnen (vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C 61
vom 28. Februar 1994, S. 40 f.; BTDrucks 12/7069, S. 4).
Inzwischen existieren in mehreren europäischen Ländern
Regelungen über gleichgeschlechtliche Partnerschaften (vgl.
die Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und
internationales Privatrecht, hrsg. von Basedow u.a., Die
Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften,
2000). Sie reichen von Partnerschaften in den skandinavischen
Ländern, die in ihren Wirkungen der Ehe gleichgestellt sind,
bis hin zum Pacte civil de solidarité (PACS) in Frankreich
mit seiner Möglichkeit der Registrierung von
gleichgeschlechtlichen wie verschiedengeschlechtlichen
Lebensgemeinschaften, der im Vergleich zur Ehe weniger
Rechtsfolgen entfaltet und leichter wieder aufgelöst werden
kann. In den Niederlanden steht gleichgeschlechtlichen Paaren
inzwischen die Ehe offen.




5



Im Juli 2000 brachten die Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Entwurf eines Gesetzes zur
Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher
Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (BTDrucks 14/3751) in
das Gesetzgebungsverfahren ein. Die FDP-Fraktion legte
ebenfalls einen Gesetzentwurf vor (BTDrucks 14/1259). Nach
erster Lesung beider Entwürfe, Überweisung an die Ausschüsse
und Durchführung einer Sachverständigenanhörung empfahl der
federführende Rechtsausschuss des Bundestages am 8. November
2000 die Ablehnung des Gesetzentwurfs der FDP und die Annahme
des Entwurfs der Regierungsfraktionen, allerdings in einer in
zwei Gesetze aufgegliederten Fassung: Zum einen als Gesetz
zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher
Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften mit den Regelungen zur
eingetragenen Lebenspartnerschaft und zu den wesentlichen
damit verbundenen Rechtsfolgen (LPartDisBG), zum anderen als
Gesetz zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und
anderer Gesetze (Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz -
LPartGErgG) mit insbesondere verfahrensrechtlichen
Ausführungsregelungen (BTDrucks 14/4545 mit Anlagen).
Zugrunde lag dem die Absicht der Regierungsfraktionen, den
ursprünglichen Gesetzentwurf in ein zustimmungsfreies und ein
zustimmungspflichtiges Gesetz aufzuteilen. Demzufolge sollte
in dem Entwurf des LPartDisBG auf die Benennung einer für die
Eintragung der Lebenspartnerschaft zuständigen Behörde
verzichtet werden (AusschussDrucks 14/508 [Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend] und 14/944 [Ausschuss
für Arbeit und Sozialordnung]). Dies fand in den beratenden
Ausschüssen mehrheitliche Zustimmung und auch Ausdruck in dem
Bericht des Rechtsausschusses vom 9. November 2000 (BTDrucks
14/4550). In dem der Beschlussempfehlung des
Rechtsausschusses beigefügten Text des Entwurfs eines
LPartDisBG waren allerdings nicht alle Regelungen
dementsprechend geändert worden. In dieser Textfassung wurde
das LPartDisBG vom Bundestag angenommen (Plenarprotokoll
14/131, S. 12629 D) und passierte unverändert den Bundesrat,
der den Vermittlungsausschuss nicht anrief und die
Zustimmungsbedürftigkeit dieses Gesetzes nicht feststellte
(Bundesrat, Plenarprotokoll, 757. Sitzung, S. 551 C, D).




6



Auf den Hinweis des Bundesministeriums der
Justiz auf zwei nach seiner Auffassung offenbare
Unrichtigkeiten in den Absätzen 3 und 4 von Art. 1 § 3
LPartDisBG willigten die Präsidenten des Bundestages und
Bundesrates in eine Berichtigung der als unrichtig
beanstandeten Bestimmungen ein. Ausfertigung und Verkündung
des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl I S. 266) erfolgten
sodann in der berichtigten Fassung. Die gegen das
In-Kraft-Treten des Gesetzes gerichteten Anträge auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung der Staatsregierungen der
Freistaaten Bayern und Sachsen blieben vor dem
Bundesverfassungsgericht erfolglos (vgl. Urteil vom 18. Juli
2001 - 1 BvQ 23/01 und 1 BvQ 26/01 -, NJW 2001, S. 2457).




7



Inzwischen gibt es in allen Bundesländern
Ausführungsregelungen zum LPartDisBG mit Bestimmungen über
die Zuständigkeiten in Lebenspartnerschaftsangelegenheiten
und entsprechenden Verfahrensregelungen.




8



Das Lebenspartnerschaftsgesetzergänzungsgesetz
wurde demgegenüber zwar vom Bundestag angenommen, hat aber
bisher keine Zustimmung im Bundesrat gefunden (BTDrucks
14/4875). Der vom Bundestag angerufene Vermittlungsausschuss
(BTDrucks 14/4878) hat darüber noch keinen Beschluss
gefasst.




9



3. Das mit den Normenkontrollanträgen
angegriffene Gesetz regelt die Begründung und Beendigung
einer eingetragenen Lebenspartnerschaft für
gleichgeschlechtliche Paare. Die Lebenspartnerschaft wird
durch Vertragsschluss zweier gleichgeschlechtlicher Personen
begründet, wobei die hierzu notwendigen Erklärungen vor der
zuständigen Behörde abgegeben werden müssen (Art. 1 § 1
Abs. 1). Weitere Voraussetzung für die Begründung der
Lebenspartnerschaft ist eine beiderseitige Erklärung über den
Vermögensstand (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 4). Auf Antrag
eines oder beider Lebenspartner endet die Lebenspartnerschaft
durch aufhebendes Urteil (Art. 1 § 15).




10



Die Lebenspartner sind einander zu Fürsorge
und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung
verpflichtet. Sie tragen füreinander Verantwortung (Art. 1
§ 2). Eine Geschlechtsgemeinschaft setzt das Gesetz
nicht voraus. Die Rechtsfolgen der Lebenspartnerschaft sind
zum Teil den Rechtsfolgen der Ehe nachgebildet, weichen aber
auch von ihnen ab. So schulden die Lebenspartner einander
Unterhalt. Dies gilt modifiziert auch bei Getrenntlebenden
und nach Aufhebung der Partnerschaft (Art. 1 §§ 5, 12
und 16). Die Lebenspartner müssen sich zu ihrem
Vermögensstand erklären, wobei sie zwischen der
Ausgleichsgemeinschaft und einem Vertrag wählen können, der
ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse regelt (Art. 1
§§ 6 und 7). Sie können einen gemeinsamen Namen
bestimmen (Art. 1 § 3). Dem Lebenspartner oder früheren
Lebenspartner eines Elternteils, der mit dem Kind längere
Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, steht ein
Umgangsrecht zu (Art. 2 Nr. 12, § 1685 Abs. 2 BGB). Ein
Lebenspartner gilt als Familienangehöriger des anderen (Art.
1 § 11). Eingeführt worden ist ein gesetzliches Erbrecht
des Lebenspartners, das dem des Ehegatten entspricht (Art. 1
§ 10). Auch im Sozialversicherungsrecht treten bei
Eingehen der Lebenspartnerschaft Rechtsfolgen ein (Art. 3
§§ 52, 54 und 56). So werden etwa in der gesetzlichen
Krankenversicherung Lebenspartner in die Familienversicherung
aufgenommen (Art. 3 § 52 Nr. 4). Im Ausländerrecht
werden die für eheliche Lebensgemeinschaften geltenden
Familiennachzugsvorschriften auf gleichgeschlechtliche
Lebenspartnerschaften entsprechend erstreckt (Art. 3
§ 11). Das LPartDisBG räumt darüber hinaus dem
Lebenspartner eines allein sorgeberechtigten Elternteils mit
dessen Einvernehmen die Befugnis zur Mitentscheidung in
Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes, das "kleine
Sorgerecht", ein (Art. 1 § 9).




11



Das angegriffene Gesetz und das noch nicht
zustande gekommene Ergänzungsgesetz sehen keinen
Versorgungsausgleich zwischen den Lebenspartnern für den Fall
der Aufhebung ihrer Partnerschaft und keine Regelungen über
eine Versorgung im Todesfall vor. Ebenso bleibt eine
gemeinsame Adoption Minderjähriger ausgeschlossen.
Steuerrechtliche und sozialhilferechtliche Regelungen sind im
Ergänzungsgesetz vorgesehen, nicht aber im LPartDisBG
enthalten.




II.




12



Mit ihren Normenkontrollanträgen rügen die
Antragstellerinnen die Unvereinbarkeit des Gesetzes insgesamt
und einzelner seiner Bestimmungen mit dem Grundgesetz.




13



1. Das Gesetz sei schon formell
verfassungswidrig.




14



a) Durch die willkürliche Aufspaltung der
ursprünglichen Gesetzesvorlage sei das Zustimmungsrecht des
Bundesrates umgangen worden. Die Aufspaltung mache das Gesetz
zum Torso und führe zu seiner Unvollziehbarkeit.
Materiell-rechtliche Vorschriften, die zusammen gehörten,
seien missbräuchlich auseinander gerissen worden. Dies
betreffe die in Art. 1 § 5 LPartDisBG begründete
Unterhaltsverpflichtung für Lebenspartner, für die wegen der
Aufspaltung eine steuerliche Entlastung fehle. Aus der
notwendigen Zusammengehörigkeit beider Regelungsbereiche
folge nicht nur die Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift,
sondern auch deren Zustimmungsbedürftigkeit. Außerdem seien
die materiellen von den verfahrensrechtlichen Vorschriften
nicht trennbar. Das LPartDisBG bedürfe der Vollziehung durch
den Standesbeamten, denn es ziele mit seinen
materiell-rechtlichen Regelungen auf eine ganz bestimmte
Verfahrensgestaltung. Damit seien die Länder bei der
Ausgestaltung des Verfahrensrechts weitgehend determiniert.
Andererseits seien sie an eigenen Ausführungsgesetzen wegen
Art. 74 Abs. 1 Nr. 2 GG gehindert. Abgesehen davon, dass das
Personenstandsgesetz abschließend das Personenstandsrecht
regele, enthalte das LPartDisBG keine ausdrückliche Öffnung
für Länderregelungen. Außerdem sei im LPartGErgG zum Ausdruck
gebracht worden, dass es nach Art. 72 Abs. 2 GG einer
bundeseinheitlichen Regelung bedürfe. Bejahe man entgegen der
Ansicht der Antragstellerinnen eine Regelungskompetenz der
Länder für Ausführungsregelungen, verstoße das Gesetz auch
deswegen gegen Art. 84 Abs. 1 GG, weil es auf Grund seiner
materiell-rechtlichen Regelungen von den Ländern die
Schaffung eines einheitlichen Verfahrensrechts verlange,
obwohl dies von ihnen verfassungsrechtlich nicht gefordert
werden könne.




15



Die Trennung eines Gesetzes in einen
zustimmungsbedürftigen und einen nicht zustimmungsbedürftigen
Teil im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens führe zum
Leerlaufen der Zustimmungsbedürftigkeit von Gesetzen. In
Fortentwicklung der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts sei ein Bundesgesetz dann
zustimmungsbedürftig, wenn es sich zwar auf die Regelungen
materiell-rechtlicher Fragen beschränke, diese aber wegen
ihrer Determinierungskraft den Ländern keinen Spielraum zur
eigenverantwortlichen Gestaltung des Verwaltungsverfahrens
mehr ließen. Dies sei bei dem angegriffenen Gesetz der
Fall.




16



b) Außerdem enthalte das Gesetz weiterhin
Regelungen, die der Zustimmung des Bundesrates bedurft
hätten. Dies betreffe die Neuregelung des Art. 17 a EGBGB (ab
dem 1. Januar 2002 Art. 17 b EGBGB; geändert durch Art. 10
Gesetz vom 11. Dezember 2001, BGBl I S. 3513), der mit seinem
Verweis auf Art. 10 Abs. 2 EGBGB eine Zuständigkeit des
Standesbeamten bestimme und deshalb zustimmungsbedürftig sei,
weil er dem Standesbeamten eine rechtlich und qualitativ neue
Verwaltungstätigkeit zuweise. Die Neuregelungen des
Ausländergesetzes zum Nachzug von Lebenspartnern verliehen
den Verfahrensvorschriften, auch wenn sie nicht ausdrücklich
geändert worden seien, nunmehr eine wesentlich andere
Bedeutung und Tragweite und führten zu einer qualitativ
anderen Tätigkeit der Ausländerbehörden. Während diese bisher
bei der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen Art. 6 GG in
ihre Verhältnismäßigkeitsabwägung einzubeziehen hätten, gehe
es bei Anträgen von Lebenspartnern allein um den in Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgten
Persönlichkeitsschutz.




17



c) Schließlich hätte das Gesetz nach den
Beschlussfassungen in Bundestag und Bundesrat nicht
berichtigt werden dürfen. Dass Art. 1 § 3 Abs. 3 und 4
LPartDisBG in der vom Bundestag beschlossenen Fassung noch
die Zuständigkeit des Standesbeamten für die Entgegennahme
der namensrechtlichen Erklärungen vorgesehen habe, sei kein
Redaktionsversehen gewesen. Aus dem Bericht des
Rechtsausschusses ergebe sich, dass im Gesetz lediglich die
Behörde nicht benannt werden solle, die für die Eintragung
der Lebenspartnerschaft zuständig sei. Art. 1 § 3 Abs. 3
und 4 LPartDisBG betreffe jedoch weder die Eintragung einer
Lebenspartnerschaft noch die Bestimmung eines Namens, sondern
die Abwicklung beendeter Lebenspartnerschaften. Hierfür sei
es sachgerecht, die Erklärungen vor dem Standesbeamten
abzugeben, weil nach Beendigung der Lebenspartnerschaft
wieder das Personenstandsgesetz des Bundes zur Anwendung
gelange. Die Vorschrift sei Gegenstand der Debatte gewesen
und in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen worden. Die
Berichtigung der Vorschrift sei deshalb verfassungswidrig und
nichtig. Das Berichtigungsverfahren verstoße gegen das
Demokratieprinzip. Die verkündete Gesetzesfassung entspreche
nicht der beschlossenen Fassung. Dies habe zur Folge, dass
wegen Unbeachtlichkeit der Berichtigung die nicht verkündete
Rechtsvorschrift Gegenstand des Normenkontrollverfahrens sei,
die mit ihrer Zuweisung einer Zuständigkeit an den
Standesbeamten das Gesetz zustimmungsbedürftig mache.




18



2. Das Gesetz sei auch materiell
verfassungswidrig.




19



a) Insbesondere stehe es mit dem nach Art. 6
Abs. 1 GG gebotenen Schutz von Ehe und Familie nicht in
Einklang. Es wahre nicht das in dieser Grundrechtsnorm
enthaltene Abstandsgebot, das sich insbesondere aus der
Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG und aus dem Schutz von
Ehe und Familie als wertentscheidender Grundsatznorm
herleite. Schon die Bezeichnung des Gesetzes lasse erkennen,
dass mit ihm eine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit
der Ehe erreicht werden solle. Das LPartDisBG führe ein
weitgehend mit Ehewirkungen ausgestattetes
familienrechtliches Institut für gleichgeschlechtliche Paare
ein und verletze damit Art. 6 Abs. 1 GG, der den Gesetzgeber
daran hindere, die personenrechtlichen Beziehungen in Ehe und
Familie wesentlich umzugestalten, und der verbiete, das
Familienrecht gleichermaßen auf die Ehe und eine
gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft zu gründen.




20



Die Ehe werde als vitales Element der
staatlichen Ordnung zur Gewährleistung der Bedingungen für
die Pflege und Erziehung von Kindern im Interesse von Eltern
und Kindern, aber auch der staatlichen Gemeinschaft besonders
geschützt. Sie werde durch Nivellierung ihres besonderen
Schutzes beraubt, wenn für andere Lebensgemeinschaften
Parallelinstitute geschaffen würden, die der Ehe gleichkämen.
Art. 6 Abs. 1 GG bestimme, dass die personen- und
familienrechtlichen Beziehungen der Geschlechter nach dem Maß
der Ehe geordnet werden sollten, soweit es um eine dauerhafte
Lebensgemeinschaft gehe. Der Verfassungsauftrag gebiete, die
Einheit und Selbstverantwortung der Ehe zu respektieren und
zu fördern. Dies habe direktive Wirkungen für den gesamten
Bereich des öffentlichen und privaten Rechts. Dabei verbiete
es Art. 6 Abs. 1 GG nicht nur, die Ehe auch
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zu öffnen,
sondern auch, der Ehe ein Institut an die Seite zu stellen,
welches ohne sachliche Notwendigkeit Strukturelemente der Ehe
aufnehme, da dies eine Umgehung des Verbots darstellen würde.
Das besondere Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG fordere einen
klaren Abstand zwischen der Rechtsform der Ehe und der einer
Lebenspartnerschaft. Die Ehe genieße einen
Exklusivitätsschutz. Anderen Partnerschaften gewähre das
Grundgesetz nur allgemeinen, nicht aber besonderen
institutionellen Schutz. Diese Unterscheidung begründe ein
Differenzierungsgebot und ein Abbildungsverbot für die
rechtliche Ausgestaltung anderer Partnerschaften. Sie dürften
nicht nach dem Vorbild der Ehe ausgestaltet werden, kein
getreues Abbild der Ehe herstellen oder Regelungen
übernehmen, die den Kern des Eherechts prägten. Dieses Gebot
sei durch die weitgehende Annäherung der eingetragenen
Lebenspartnerschaft an die Ehe verletzt. Scheinbare
Abweichungen vom Eherecht, die das Gesetz enthalte, erwiesen
sich bei näherem Zusehen als ehegleich. Einige wirkliche
Unterschiede zur Ehe, die das Gesetz aufweise, ließen
hingegen kein eigenständiges Konzept erkennen. Die Absicht
des Gesetzgebers, mit dem LPartGErgG die Ehe zu kopieren,
werde noch deutlicher durch die im LPartDisBG vorgesehenen
Regelungen. Dies betreffe insbesondere die steuerrechtlichen
Regelungen, die in ihrer Wirkung einem begrenzten
Ehegattensplitting gleichkämen.




21



b) Art. 6 Abs. 1 GG sei auch dadurch verletzt,
dass die Lebenspartnerschaft mangels entsprechender Regelung
im LPartDisBG kein Ehehindernis sei. Damit lasse das Gesetz
eine eingetragene Lebenspartnerschaft neben der Ehe zu,
obwohl die Pflichtenbindungen in der eingetragenen
Partnerschaft mit denen der Ehe unvereinbar seien. Hierin
liege eine gravierende Beeinträchtigung der Ehe.




22



c) Darüber hinaus greife das Gesetz mit der
Einführung des "kleinen Sorgerechts" durch Art. 1 § 9 in
das Elternrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils ein.
Es verstoße gegen Art. 14 Abs. 1 GG, weil es ohne hinreichend
gewichtigen Grund die Testierfreiheit der Lebenspartner durch
einen Pflichtteil des überlebenden Lebenspartners
einschränke, was allein mit der wirtschaftlichen Sicherung
des überlebenden Partners nicht gerechtfertigt werden könne.
Außerdem verletze das Gesetz Art. 3 Abs. 1 GG. Obwohl gute
Gründe dafür sprächen, auch anderen auf Dauer und
gegenseitige Fürsorge angelegten Lebensgemeinschaften einen
vergleichbaren rechtlichen Rahmen zur Verfügung zu stellen,
fänden diese weiteren schutzwürdigen Partnerschaften im
Gesetz keine rechtliche Berücksichtigung. Schließlich
enthalte das Gesetz keine steuerrechtlichen Regelungen,
obwohl die im Gesetz begründete Unterhaltspflicht in
untrennbarem Zusammenhang mit ihrer steuerrechtlichen
Berücksichtigung stehe.




III.




23



Zu den Verfahren haben der Deutsche Bundestag,
der Bundesrat, die Bundesregierung, die Länderregierungen,
die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht e.V., der
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland, der Deutsche
Familienverband sowie die Ökumenische Arbeitsgruppe
Homosexuelle und Kirche e.V. Gelegenheit zur Stellungnahme
erhalten. Hiervon haben der Deutsche Bundestag, die
Bundesregierung, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg,
die Landesregierung Schleswig-Holstein, der Lesben- und
Schwulenverband sowie die Ökumenische Arbeitsgruppe Gebrauch
gemacht und ihre Stellungnahme mit Ausnahme des Senats der
Freien und Hansestadt Hamburg sowie der Ökumenischen
Arbeitsgruppe in der mündlichen Verhandlung vertiefend
ergänzt.




24



1. Die Bundesregierung hält das LPartDisBG mit
dem Grundgesetz für vereinbar. Um der noch immer bestehenden
gesellschaftlichen und politischen Diskriminierung von
gleichgeschlechtlichen Paaren entgegenzutreten, schaffe das
Gesetz Rechtsstrukturen, die sich aus den
geschlechtsunabhängigen Bedürfnissen intensiv gelebter
partnerschaftlicher Zweier-Beziehungen und der Notwendigkeit
des Schutzes des schwächeren Partners ergäben. Es kopiere
damit nicht die Ehe, sondern ziehe eine Konsequenz aus der
vorgefundenen Lebenswirklichkeit. Parallelen zum Eherecht
endeten dort, wo eheliche Verhältnisse in
gleichgeschlechtlichen Beziehungen keine Entsprechung fänden,
insbesondere im Hinblick auf gemeinsame Kinder der Eheleute.
Mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft werde kein
Verführungsdruck ausgeübt. Nach dem gesicherten Stand
sexualmedizinischer Wissenschaft könne man zur Homosexualität
weder erzogen noch verführt werden, sie erwachse vielmehr aus
einer starken biologischen Prädisposition.




25



a) Das LPartDisBG determiniere den
Verwaltungsvollzug nicht über das verfassungsrechtlich
zulässige Maß hinaus, wie dies die Vielgestaltigkeit der
zwischenzeitlich ergangenen Ausführungsregelungen der Länder
belege. Der Gesetzentwurf habe geteilt werden dürfen. Solange
die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bestand
habe, nach der bei Zustimmungsbedürftigkeit nur einer Norm
das gesamte Gesetz zustimmungsbedürftig sei, sei der
Gesetzgeber dazu angehalten, Gesetzesvorhaben aufzuteilen, um
die verfassungsrechtlich vorgegebenen Kompetenzgrenzen
zwischen Bundestag und Bundesrat nachzuvollziehen.
Andernfalls würde sich das Zustimmungsrecht des Bundesrates
faktisch auf alle Gesetzesvorhaben erstrecken. Die Aufteilung
sei weder missbräuchlich noch willkürlich erfolgt. Erst als
ein breiter Konsens für das gesamte Reformvorhaben nicht
gelungen sei, habe man die Aufteilung vorgenommen. Der
Gesetzgeber sei geradezu verpflichtet, auf entsprechende
politische Entwicklungen während des Gesetzgebungsverfahrens
einzugehen. Es bestehe keine Verpflichtung,
Unterhaltsansprüche und die steuerliche Entlastung des
Unterhaltsverpflichteten in ein und demselben Gesetz zu
regeln.




26



Auch einzelne Bestimmungen des Gesetzes
begründeten nicht seine Zustimmungsbedürftigkeit. So regele
Art. 3 § 16 Nr. 10 LPartDisBG lediglich die
Zuständigkeit deutscher Gerichte. Art. 3 § 25 LPartDisBG
schaffe keine Zuständigkeit des Standesbeamten, sondern
verweise im Sinne einer klassischen Entsprechung auf die
zuständige Behörde. Art. 3 § 6 LPartDisBG erstrecke
lediglich eine bestehende Zuständigkeit der Standesämter auf
die Fälle der Lebenspartnerschaftsnamen und führe deshalb zu
einer bloßen quantitativen Veränderung bereits bestehender
Zuständigkeiten. Die ausländerrechtlichen Regelungen des
Gesetzes bürdeten den Ländern ebenfalls keine neuen,
qualitativ vom bisherigen Bestand abweichenden Aufgaben auf.
Abwägungen nach Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG seien auch
bislang schon im Ausländerrecht erforderlich gewesen.




27



Art. 1 § 3 Abs. 3 und 4 LPartDisBG sei
dem Berichtigungsverfahren zugänglich gewesen. Durch die
fehlerhafte Umsetzung des Beschlusses des Rechtsausschusses
des Bundestages sei diese Vorschrift mit der Nennung des
Standesbeamten verabschiedet worden, obwohl die Abgeordneten
davon ausgegangen seien, die zuständige Behörde werde erst im
Ergänzungsgesetz bestimmt. Im Übrigen seien Fehler im
Gesetzgebungsverfahren allenfalls bei evidenten Mängeln
geeignet, die Nichtigkeit des Gesetzes herbeizuführen. Solche
seien jedoch nicht gegeben.




28



Das Gesetz sei auch vollziehbar. Die Länder
besäßen die erforderliche Kompetenz zur Regelung im
Personenstandswesen und seien faktisch in der Lage,
angemessene Verfahrensnormen zu schaffen, was die inzwischen
vorliegenden Länderregelungen zeigten. Das LPartDisBG schaffe
einen neuen, zuvor unbekannten Bereich des
Personenstandswesens, für den der Bund noch keinen Gebrauch
von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74
Abs. 1 Nr. 2 GG gemacht habe. Art. 72 Abs. 2 GG enthalte
keine Verpflichtung zum Erlass von Bundesrecht, sondern setze
im Gegenteil eine Grenze hierfür.




29



b) Das Gesetz sei auch materiell
verfassungsgemäß. Es stehe in Einklang mit Art. 2 Abs. 1 und
Art. 1 Abs. 1 GG und sei an der Stärkung gegenseitiger
Verantwortung und verlässlicher Lebensführung für
gleichgeschlechtliche Paare ausgerichtet. Ähnlichkeiten mit
eherechtlichen Regelungen ergäben sich aus der Natur der
Sache einer auf Lebenszeit angelegten intensiven
Zweierbeziehung.




30



Das Gesetz verstoße nicht gegen Art. 6 Abs. 1
GG, der andere Institute zur Stärkung von Verantwortung
zulasse und kein Diskriminierungsgebot gegenüber Personen
enthalte, die auf Grund ihrer sexuellen Ausrichtung eine Ehe
nicht eingehen könnten. Dem Grundanliegen von Art. 6 Abs. 1
GG, menschliche Grundbedürfnisse nach Nähe und
Verlässlichkeit rechtlich abzusichern, entspreche es, auch
für homosexuelle Partner angemessene Regelungen zu schaffen,
die ihnen ermöglichten, ihren Beziehungen eine rechtliche
Basis zu geben. Das LPartDisBG achte den sozialen und
rechtlichen Wert von Ehe und Familie. Ihre ungebrochene
Wertschätzung komme schon im Wunsch betroffener homosexueller
Partner nach einem vergleichbaren Rechtsinstitut zum
Ausdruck. Soweit sich eherechtliche Regelungen vom
Grundanliegen her auf homosexuelle Lebensgemeinschaften
übertragen ließen, bilde die Ehe durchaus ein soziales
Vorbild. Das Gesamtbild von Ehe und Familie werde dadurch
nicht beeinträchtigt.




31



Es könne dahingestellt bleiben, ob Art. 6 Abs.
1 GG ein Differenzierungs- oder Abstandsgebot enthalte.
Einzelne Entsprechungen oder Parallelen zur Ehe führten
jedenfalls nicht zur Verletzung eines solchen Gebotes. Die
Ausgestaltung der Lebenspartnerschaft im Gesetz unterscheide
sich maßgeblich von der Ehe. So hindere eine bestehende
Lebenspartnerschaft nicht die Eheschließung, die nach
richtiger Ansicht zur Auflösung der Lebenspartnerschaft ipso
iure führe. Begründungsmängel führten zur Nichtigkeit der
Lebenspartnerschaft. Die eingetragene Lebenspartnerschaft
setze Erklärungen über den Vermögensstand voraus. Das Gesetz
enthalte keine Vorschriften über die Haushaltsführung von
Lebenspartnern und verpflichte diese nicht, bei Wahl und
Ausübung einer Erwerbstätigkeit aufeinander Rücksicht zu
nehmen. Lebenspartnern werde lediglich gestattet, einen
gemeinsamen Namen zu bestimmen. Eine gemeinsame Adoption oder
Stiefkindadoption stehe Lebenspartnern nicht offen.
Unterhaltsrechtlich werde jeder Lebenspartner grundsätzlich
auf die eigene Erwerbstätigkeit verwiesen. Diese und weitere
Unterschiede belegten, dass die eingetragene
Lebenspartnerschaft kein Abbild der Ehe sei.




32



Dass die eingetragene Lebenspartnerschaft
Menschen gleichen Geschlechts vorbehalten sei, begründe
keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG, da nicht an das
Geschlecht, sondern an die Partnerwahl angeknüpft wird. Art.
3 Abs. 1 GG werde nicht verletzt, weil heterosexuellen
Lebensgemeinschaften die Ehe offen stehe. Anders geartete
Lebensgemeinschaften unterschieden sich hinsichtlich der
Lebensgestaltung in tief greifender Weise von eingetragenen
Lebenspartnerschaften.




33



Das Gesetz wahre die Steuergerechtigkeit. Die
im Gesetz begründeten Unterhaltsfakten seien als besondere
Belastungen einkommensteuerrechtlich abzugsfähig. Schließlich
stehe auch das den Lebenspartnern eingeräumte Erbrecht mit
Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang. Das Pflichtteilsrecht finde
heute in der sozialen Verpflichtung, den Unterhalt des
Betroffenen über den Tod hinaus zu sichern, seine
Berechtigung. Der Gesetzgeber sei befugt, nächsten
Familienangehörigen eine angemessene Mindestbeteiligung am
Nachlass zu sichern.




34



2. a) Nach Auffassung des Deutschen
Bundestages sind die Normenkontrollanträge unbegründet.




35



aa) Seine Argumente zur formellen
Verfassungsmäßigkeit decken sich im Wesentlichen mit denen
der Bundesregierung. Die Aufspaltung des Gesetzes sei nicht
willkürlich erfolgt. Das Gesetz sei vollziehbar. Es enthalte
keine nach Art. 84 GG zustimmungsbedürftigen
Vorschriften.




36



Auch bezüglich der materiellen
Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 und 3 GG
sowie Art. 14 Abs. 1 GG stimmen die Argumente mit denen der
Bundesregierung überein.




37



bb) Zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes im
Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG führt der Bundestag aus, für
einen Verstoß gegen ein aus dem besonderen Schutzgebot des
Art. 6 Abs. 1 GG hergeleitetes Differenzierungs- oder
Abstandsgebot finde sich in der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts kein Beleg. Für die
verfassungsrechtliche Beurteilung des LPartDisBG spiele die
Abwehrfunktion von Art. 6 Abs. 1 GG keine Rolle, da das
Gesetz die Ehe nicht berühre, die Eheschließungsfreiheit
nicht beeinträchtige, das eheliche Zusammenleben nicht
beeinflusse und auch keine neuen Ehehindernisse aufstelle.
Ebenfalls sei die Institutsgarantie nicht berührt. Die Lehre
von den Einrichtungsgarantien sei eine Grundrechtstheorie,
die unter dem Grundgesetz, das politische Herrschaft
umfassend verrechtliche, keine oder nur noch eine begrenzte
Funktion habe. Bei einer Verfassungsnorm als
Einrichtungsgarantie gehe es immer um den von ihr erfassten
Normbereich, nicht um andere, außerhalb ihres Normprogramms
liegende Tatbestände. Sie verhalte sich demnach gegenüber der
Etablierung anderer Institute neutral, soweit diese das
grundrechtlich geschützte Institut nicht selbst tangierten.
Dies gelte auch für Art. 6 Abs. 1 GG, der lediglich die
Verpflichtung des Gesetzgebers enthalte, der Ehe eine
normative Grundversorgung sicherzustellen, um den
Grundrechtsgebrauch zu ermöglichen. Art. 6 Abs. 1 GG sichere
die Ehe, nicht aber ihre Exklusivität. Da das LPartDisBG das
für die Ehe geltende Recht unberührt lasse, sei das Institut
Ehe hierdurch nicht tangiert.




38



Auch in seiner Funktion als wertentscheidende
Grundsatznorm werde Art. 6 Abs. 1 GG durch das LPartDisBG
nicht betroffen. Die gesetzlichen Regelungen diskriminierten
nicht die Ehe. Das Fördergebot sei nicht verletzt. Aus dem
besonderen Schutz nach Art. 6 Abs. 1 GG könne nicht
geschlossen werden, dass die Ehe grundsätzlich und stets
anders als andere Lebensgemeinschaften zu behandeln sei. Er
verbiete nur, den spezifisch eherechtlichen Rahmen auf andere
Lebensgemeinschaften zu übertragen, nicht dagegen Regelungen
anzugleichen, die an tatsächliche Umstände wie das
Zusammenleben oder die emotionale Affinität anknüpften, auf
den Schutz Dritter im Wirtschaftsleben abstellten oder
bislang auf die Ehe begrenzte Belastungen auf
Lebenspartnerschaften ausdehnten, wie dies beim LPartDisBG in
verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise geschehen
sei.




39



b) In der mündlichen Verhandlung haben sich
die Bundestagsabgeordneten von Renesse (SPD), Geis (CDU/CSU),
Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Braun (FDP) geäußert. Dabei
hat der Abgeordnete Geis eine von der Stellungnahme des
Bundestages abweichende Position vertreten.




40



3. Die Freie und Hansestadt Hamburg verweist
zur Begründung ihrer Auffassung, die Normenkontrollanträge
seien unbegründet, auf die Stellungnahme der Bundesregierung.
Eine gewisse Anlehnung des LPartDisBG an Rechtsfiguren der
Ehe bedeute keine Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit
der Ehe, sondern sei nur rechtstechnisches Mittel zum Zweck.
Mit der Annahme eines Abstandsgebots verkehrten die
Antragstellerinnen Art. 6 Abs. 1 GG über seinen Schutz hinaus
in ein Abwehrrecht gegen abweichende Lebensentwürfe und
ließen die Grundrechte der Homosexuellen völlig außer
Betracht. Art. 6 Abs. 1 GG enthalte jedoch kein Gebot der
Schlechterstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften
gegenüber der Ehe. Selbst wenn die Grundrechtsnorm der Ehe
als Typus partnerschaftlichen Zusammenlebens eine möglichst
weitgehende Exklusivität zubilligen sollte, um das Ausweichen
in andere Lebensformen zu erschweren, ergebe sich daraus
nichts für die Regelung gleichgeschlechtlicher
Partnerschaften. Menschen mit gleichgeschlechtlicher
Orientierung könnten mit ihrem gewünschten Partner keine Ehe
eingehen.




41



4. Auch die Schleswig-Holsteinische
Landesregierung schließt sich der Stellungnahme der
Bundesregierung an. Insbesondere sei ein Verstoß gegen Art. 6
Abs. 1 GG nicht zu erkennen. Das essentielle Charakteristikum
von Institutsgarantien sei einerseits, an vorgefundene
Strukturen anzuknüpfen, andererseits aber auch
entwicklungsoffen zu sein, weil die Wirklichkeit Thema ihres
Regelungsprogramms sei. Wie sich die Regelung der
güterrechtlichen Beziehungen von Lebenspartnern gestalteten,
betreffe kaum den Ordnungskern der Institutsgarantie der Ehe,
vielmehr seine Konkretisierung im jeweils historischen
Kontext. Es liege in der Gestaltungsfreiheit des
Gesetzgebers, Regelungsmodelle zu wechseln oder sie nicht
mehr allein nur für die Ehe vorzuhalten. Art. 6 Abs. 1 GG sei
ein Abbildungsverbot nicht zu entnehmen, das letztlich dazu
führen würde, trotz gleicher oder vergleichbarer
Interessenlagen normierungsbedüftige Lebenssachverhalte nur
deshalb anders und dadurch möglicherweise sachwidrig zu
regeln, weil das an sich passende Regelungskonzept schon im
Ehe- und Familienrecht verwirklicht worden sei, was die
Gefahr sachwidriger Ergebnisse erzeugen könne.




42



5. Der Lesben- und Schwulenverband ist der
Auffassung, das Gesetz sei formell und materiell
verfassungsgemäß zustande gekommen. Gleichgeschlechtliche
Partnerschaften hätten einen verfassungsrechtlichen Anspruch
auf rechtliche Absicherung aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs.
1 GG. Dass es bislang noch keinen institutionellen Schutz für
sie gegeben habe, sei verfassungswidrig gewesen. Erst das
neue Rechtsinstitut ermögliche es gleichgeschlechtlichen
Lebensgemeinschaften, Rechtssicherheit zu erlangen. Es greife
nicht in Art. 6 Abs. 1 GG ein.




43



Allerdings werde der Auffassung, eine
Lebenspartnerschaft werde bei Eingehen einer Ehe unwirksam,
nicht gefolgt. Es sei unbillig, der Eheschließungsfreiheit
des einen Lebenspartners den Vorrang einzuräumen vor dem
Vertrauen des anderen in eine dauerhafte Bindung. Vielmehr
sei in der Begründung der Lebenspartnerschaft ein
Grundrechtsverzicht im Hinblick auf die
Eheschließungsfreiheit zu sehen. Art. 6 Abs. 1 GG als
wertentscheidende Grundsatznorm gebiete seinem Wortlaut nach
keine Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher
Lebensgemeinschaften. Soweit die Ehe als Keimzelle des
Staates angesehen werde, könne dies ihre zwingende
Bevorzugung nicht begründen. Auch kinderlose Ehen genössen
den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Soweit diese Grundrechtsnorm
die Ehe als Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft
schütze, welche die Gesellschaft entlaste und sich
stabilisierend auf die Partner auswirke, treffe dieser
Gesichtspunkt gleichermaßen auf gleichgeschlechtliche
Lebensgemeinschaften zu. Staatliche Aktivitäten zur Förderung
der Familien würden durch das Institut der eingetragenen
Lebenspartnerschaft nicht beschränkt. Ein Bekämpfungsauftrag
hinsichtlich anderer sozialer Erscheinungen könne Art. 6 Abs.
1 GG nicht entnommen werden. Schwer wiegende Veränderungen
seien durch das LPartDisBG nicht zu erwarten, das die
eherechtlichen Vorschriften unberührt lasse. Im Übrigen
unterscheide sich die rechtliche Ausgestaltung der
Lebenspartnerschaft in vielfältiger Weise vom Eherecht. Auch
weitere Grundrechtsverletzungen seien nicht erkennbar.




44



6. Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle
und Kirche bezieht sich auf die Ausführungen des Lesben- und
Schwulenverbandes. In der Bewertung der homosexuellen
Veranlagung sei in den Kirchen ein Wandel unübersehbar. In
einigen evangelischen Landeskirchen sei die Segnung
gleichgeschlechtlicher Paare als kirchliche Handlung bereits
erlaubt. Die offiziellen Stellungnahmen der
römisch-katholischen Kirche seien zwiespältig. Einerseits
werde erklärt, homosexuellen Menschen sei mit Achtung zu
begegnen, andererseits werde eine Anerkennung der
Partnerschaften im staatlichen wie im kirchlichen Bereich
abgelehnt. Allerdings hätten Ergebnisse unvoreingenommener
humanwissenschaftlicher Forschung zu einer neuen Sicht der
Homosexualität in der katholischen Kirche geführt.
Konsequenzen hieraus würden bislang jedoch nur bei den
katholischen Laienorganisationen gezogen, in denen die
Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften nicht
mehr als Verstoß gegen die christlich abendländische
Wertordnung angesehen werde, sondern die aus dieser die
Notwendigkeit der Anerkennung solcher Lebensgemeinschaften
herleiteten.




B.






45



Die Anträge sind unbegründet. Das Gesetz zur
Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher
Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (LPartDisBG) ist mit
dem Grundgesetz vereinbar.




I.






46



Das LPartDisBG ist verfassungsgemäß zustande
gekommen. Es bedurfte nicht der Zustimmung des
Bundesrates.




47



1. Das Gesetz enthält keine gemäß Art. 84 Abs.
1 GG zustimmungsbedürftigen Vorschriften.




48



a) Das Zustimmungserfordernis des Art. 84 Abs.
1 GG soll die Grundentscheidung der Verfassung über die
Verwaltungszuständigkeit der Länder zugunsten des föderativen
Staatsaufbaues absichern und verhindern, dass Verschiebungen
im bundesstaatlichen Gefüge im Wege der einfachen
Gesetzgebung über Bedenken des Bundesrates hinweg
herbeigeführt werden (vgl. BVerfGE 37, 363
; 55, 274 ; 75, 108
). Ausgehend von diesem Zweck des Art. 84 Abs. 1
GG wird ein Gesetz nicht bereits dadurch
zustimmungsbedürftig, dass es die Länder in ihrer
Ausführungskompetenz berührt, indem es deren
Verwaltungshandeln auf einem bestimmten Gebiet auslöst oder
beendet. Vielmehr setzt das Erfordernis einer Zustimmung des
Bundesrates eine bundesgesetzliche Regelung über die
Einrichtung und das Verfahren von Landesbehörden voraus (vgl.
BVerfGE 75, 108 ). Eine Einrichtungsregelung liegt
nicht nur vor, wenn ein Bundesgesetz neue Landesbehörden
vorschreibt, sondern auch, wenn es den näheren Aufgabenkreis
einer Landesbehörde festlegt. Das Verfahren der
Landesbehörden wird dagegen geregelt, wenn das Gesetz
verbindlich die Art und Weise sowie die Form der Ausführung
eines Bundesgesetzes bestimmt. Das ist auch dann der Fall,
wenn materiell-rechtliche Regelungen des Gesetzes nicht
lediglich die Verwaltungsbehörden zum Handeln auffordern,
sondern zugleich ein bestimmtes verfahrensmäßiges
Verwaltungshandeln festlegen (vgl. BVerfGE 55, 274
; 75, 108 ).




49



b) Daran gemessen enthalten die von den
Antragstellerinnen angeführten Normen des LPartDisBG keine
Regelungen des Verwaltungsverfahrens im Sinne von Art. 84
Abs. 1 GG.




50



aa) Art. 1 § 1 Abs. 1 LPartDisBG bestimmt
allein die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für das
Zustandekommen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Eine
bundesgesetzliche Festlegung des Verwaltungshandelns bei der
Eintragung von Lebenspartnerschaften erfolgt durch die
Vorschrift nicht. Sie verlangt zwar, dass die zur Begründung
einer Lebenspartnerschaft erforderlichen Erklärungen
gegenüber einer Behörde abgegeben werden müssen, lässt dabei
aber offen, welche Behörde für die Entgegennahme der
Erklärungen zuständig ist. Auch das Verfahren zur Abgabe der
beiderseitigen Erklärungen ist nicht geregelt. Weder wird ein
besonderes Anmeldungsverfahren vorgegeben noch bestimmt, wie
die Mitwirkung der zuständigen Behörde bei der Begründung
einer Lebenspartnerschaft auszugestalten ist.
Formvorschriften über die Abgabe von Willenserklärungen
Privater, wie sie etwa Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1
LPartDisBG enthält, sind keine Regelungen des
Verwaltungsverfahrens im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG. Die
Länder haben ihren Spielraum genutzt und in den von ihnen
erlassenen Ausführungsbestimmungen inzwischen
unterschiedliche Zuständigkeiten von Landesbehörden
begründet, die ihr Verwaltungshandeln bei der Eintragung von
Lebenspartnerschaften nach den jeweiligen landesrechtlichen
Vorgaben auszurichten haben.




51



bb) Mit Art. 3 § 25 LPartDisBG wird keine
Zuständigkeit einer Landesbehörde begründet. Allerdings
bringt der mit dieser Vorschrift dem EGBGB neu eingefügte
Art. 17 a (jetzt Art. 17 b EGBGB), der für eingetragene
Lebenspartnerschaften die Anwendung des maßgeblichen Rechts
bestimmt, durch seinen Absatz 2 Satz 1 die Norm des Art. 10
Abs. 2 EGBGB zur entsprechenden Anwendung. Nach deren Satz 1
können bei oder nach der Eheschließung Ehegatten gegenüber
dem Standesbeamten ihren künftig zu führenden Namen wählen.
Diese Verweisung bestimmt jedoch nicht zwingend eine
Zuständigkeit des Standesbeamten auch für die Entgegennahme
der Erklärungen zur Namenswahl von Lebenspartnern. Vor dem
Hintergrund, dass das LPartDisBG selbst offen gelassen hat,
welche Behörde für die Begründung von eingetragenen
Lebenspartnerschaften zuständig sein soll, ist die Anordnung
einer lediglich entsprechenden Anwendung von Art. 10 Abs. 2
EGBGB so zu verstehen, dass auf den materiell-rechtlichen
Gehalt von Art. 10 Abs. 2 Satz 1 EGBGB Bezug genommen wird,
nicht jedoch über diesen Weg eine Zuständigkeitsregelung
erfolgt ist.




52



cc) Ebenso weist Art. 3 § 6 LPartDisBG
den Standesämtern keine neue Zuständigkeit zu, sondern
bezieht deren schon bestehende auf einen weiteren
Personenkreis, wenn er in Ergänzung von § 2 Satz 1
Minderheiten-Namensänderungsgesetz die Änderung des
Geburtsnamens einer Person unter den Voraussetzungen von
§ 1 dieses Gesetzes - also durch Erklärung gegenüber dem
Standesbeamten - nunmehr nicht nur bei entsprechender
Erklärung des Ehegatten auf den Ehenamen erstreckt, sondern
auch auf den Partnerschaftsnamen, sofern der Lebenspartner
sich durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten der
Namensänderung anschließt. Eine Änderung der inhaltlichen
Aufgabe des Standesbeamten ist damit nicht verbunden (vgl.
BVerfGE 75, 108 ).




53



dd) Dass die Ausländerbehörden nach Art. 3
§ 11 LPartDisBG, der die §§ 27 a, 29 Abs. 4 und 31
Abs. 1 AuslG betrifft, jetzt auch ausländischen
Lebenspartnern eines Ausländers für die Herstellung und
Wahrung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft eine
Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsbewilligung oder
Aufenthaltsbefugnis erteilen können, erweitert lediglich die
tatbestandlichen Voraussetzungen, unter denen ein
Aufenthaltsstatus begründet werden kann. Die Aufgabe der
Ausländerbehörden erfährt hierdurch eine quantitative
Mehrung, nicht aber einen anderen Inhalt. Die
Zustimmungsbedürftigkeit lässt sich schon gar nicht darauf
stützen, dass die Ausländerbehörden ihre Ermessenserwägungen
nun bei Lebenspartnerschaften nicht wie bei Ehen an Art. 6
Abs. 1 GG, sondern an Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1 GG zu orientieren hätten. Bei der Ausübung des ihnen
eingeräumten Ermessens haben Behörden stets die Grundrechte
der Betroffenen zu achten, gleich auf welches Grundrecht
diese sich berufen können.




54



ee) Schließlich bewirkt auch Art. 3 § 16
Nr. 10 LPartDisBG nicht die Zustimmungsbedürftigkeit des
Gesetzes nach Art. 84 Abs. 1 GG. Durch die Neuregelung des
§ 661 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe b ZPO wird die
internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß
§ 606 a ZPO auch für den Fall bestimmt, dass die
Lebenspartnerschaft vor einem deutschen Standesbeamten
begründet worden ist. Diese Vorschrift weist dem
Standesbeamten keine Aufgabe zu, sondern bindet ihrem
Wortlaut nach die Zuständigkeit deutscher Gerichte in
Lebenspartnerschaftssachen an die Voraussetzung, dass ein
deutscher Standesbeamter im Rahmen der Begründung der
Lebenspartnerschaft mitgewirkt hat. Sie regelt damit das
Gerichtsverfahren, für das Art. 84 Abs. 1 GG nicht
einschlägig ist (vgl. BVerfGE 14, 197 ). Eine
denkbare sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung
von Lebenspartnern, deren Partnerschaft wegen der
unterschiedlichen Zuständigkeitsbestimmungen der Länder nicht
vor einem Standesbeamten, sondern einer anderen zuständigen
Behörde begründet worden ist, ließe sich durch eine
verfassungskonforme Auslegung von § 661 Abs. 3 Nr. 1
Buchstabe b ZPO vermeiden.




55



2. Eine Zustimmungspflichtigkeit des
LPartDisBG ergibt sich auch nicht daraus, dass in Art. 1
§ 3 Abs. 3 und 4 vor der Ausfertigung und Verkündung des
Gesetzes Zuständigkeiten des Standesbeamten benannt waren.
Diese Fassung des Gesetzes ist in einer verfassungsrechtlich
nicht zu beanstandenden Weise berichtigt worden.




56



a) Auch wenn das Grundgesetz keine
Vorschriften über die Berichtigung von Gesetzesbeschlüssen
enthält, rechtfertigen es die Erfordernisse einer
funktionsfähigen Gesetzgebung, in Anknüpfung an die
überkommene Staatspraxis im Gesetzesbeschluss enthaltene
Druckfehler und andere offenbare Unrichtigkeiten ohne
nochmalige Einschaltung der gesetzgebenden Körperschaften
berichtigen zu können, wie dies in § 61 der Gemeinsamen
Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) sowie in
§ 122 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundestages im
Einzelnen geregelt ist (vgl. BVerfGE 48, 1 ).




57



Allerdings ist die Berichtigung von
Gesetzesbeschlüssen wegen des den gesetzgebenden
Körperschaften zukommenden Anspruchs auf Achtung und Wahrung
der allein ihnen zustehenden Kompetenz, den Inhalt von
Gesetzen zu bestimmen, außerhalb des Beschlussverfahrens der
Art. 76 ff. GG nur in sehr engen Grenzen zulässig.
Maßstab für eine solche Grenzziehung im Einzelnen und für die
ausnahmsweise Zulässigkeit der Berichtigung eines
Gesetzesbeschlusses ist dessen offensichtliche Unrichtigkeit.
Dabei kann sich eine offenbare Unrichtigkeit nicht allein aus
dem Normtext, sondern insbesondere auch unter
Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs und der Materialien
des Gesetzes ergeben. Maßgebend ist, dass mit der
Berichtigung nicht der rechtlich erhebliche materielle Gehalt
der Norm und mit ihm seine Identität angetastet wird (vgl.
BVerfGE 48, 1 ).




58



b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat
die erfolgte Berichtigung von Art. 1 § 3 Abs. 3 und 4
LPartDisBG die Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen
nicht überschritten.




59



aa) Die offensichtliche Unrichtigkeit der von
den gesetzgebenden Körperschaften beschlossenen Fassung von
Art. 1 § 3 Abs. 3 und 4 LPartDisBG ergibt sich aus dem
klaren Widerspruch zwischen einerseits dem Gesetzestext, der
auf Grund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom
8. November 2000 (BTDrucks 14/4545) dem Bundestag bei seiner
Beschlussfassung in zweiter und dritter Lesung des Gesetzes
ebenso wie dem Verfahren im Bundesrat zugrunde lag, und
andererseits der Begründung dieser Norm durch den
Rechtsausschuss in seinem Bericht vom 9. November 2000
(BTDrucks 14/4550), die gleichermaßen die Grundlage für die
Beratung und Beschlussfassung der gesetzgebenden Organe
bildeten.




60



Anfang November 2000 brachten die Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in den federführenden
Rechtsausschuss sowie in die mitberatenden Ausschüsse für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (AusschussDrucks 14/508)
und für Arbeit und Sozialordnung (AusschussDrucks 14/944)
einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf ein, der ebenso wie
für andere Bestimmungen, insbesondere Art. 1 § 1 des
Entwurfs, auch für alle Absätze von Art. 1 § 3 vorsah,
die Nennung des Standesbeamten als zuständige Behörde für die
Entgegennahme von Erklärungen zu streichen und die
Wirksamkeit von Erklärungen zum Lebenspartnerschaftsnamen an
die Abgabe vor der zuständigen Behörde zu binden. Dieser
Antrag war Grundlage der Beschlussfassung der Ausschüsse und
fand deren mehrheitliche Zustimmung. Die dem Bundestag
zugeleitete Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses
enthielt dann allerdings hinsichtlich Art. 1 § 3 des
Entwurfs lediglich entsprechende Änderungen der Absätze 1 und
2, während für die Absätze 3 und 4 die Annahme der
unveränderten bisherigen Fassung empfohlen wurde, die die
Benennung des Standesbeamten noch enthalten hatte. In dem dem
Bundestag ebenfalls zugeleiteten Bericht des
Rechtsausschusses, auf den die Beschlussempfehlung verwies,
wurde demgegenüber zu Art. 1 § 3 insgesamt ausgeführt,
die hier empfohlenen Änderungen seien Folgeregelungen zur
Änderung von Art. 1 § 1 Abs. 1 LPartDisBG. Auf dessen
Begründung wurde ausdrücklich Bezug genommen. Sie enthielt
die Erklärung, der Entwurf verzichte auf die Benennung einer
Behörde, die für die Eintragung der Lebenspartnerschaft
zuständig sein soll.




61



Diese Begründung von Art. 1 § 3
LPartDisBG widerspricht der Textfassung seiner Absätze 3 und
4 und zeigt unter Berücksichtigung mit seiner
Entstehungsgeschichte die offensichtliche Unrichtigkeit des
Textes dieser Absätze. Der zwischen Text und Begründung
angelegte Widerspruch hat auch Eingang gefunden in die
Beschlussfassungen von Bundestag und Bundesrat. Beide haben
zwar auf Grund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses
des Bundestages ihren Beschlüssen die unveränderte
Textfassung von Art. 1 § 3 Abs. 3 und 4 LPartDisBG
zugrunde gelegt. Die Beschlussfassung erfolgte aber unter der
Prämisse, die zur Änderung von Art. 1 § 1 des Entwurfs
geführt hatte; im Gesetzentwurf sollte gänzlich auf die
Benennung einer zuständigen Behörde verzichtet werden.




62



bb) Die im Verfahren nach § 61 Abs. 2 GGO
berichtigte und so verkündete Textfassung von Art. 1 § 3
Abs. 3 und 4 LPartDisBG entspricht dem im Gesetz zum Ausdruck
gebrachten Willen des Gesetzgebers.




63



Wenn Art. 1 § 1 LPartDisBG, der das
Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft begründet und
die wesentlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen
dieser personalen Gemeinschaft regelt, in Text und Begründung
auf die Bestimmung der Behörde verzichtet, die für die
Eintragung der eingetragenen Lebenspartnerschaften zuständig
sein soll, und wenn dieser Verzicht nicht nur in den weiteren
folgenden Gesetzesvorschriften, sondern auch in den beiden
ersten Absätzen von Art. 1 § 3 LPartDisBG seine
durchgängige Umsetzung dadurch findet, dass lediglich von der
zuständigen Behörde gesprochen wird, kommt hiermit zum
Ausdruck, dass es der Gesetzgeber den Ländern hat überlassen
wollen, welche Behörde sie als zuständige für
Lebenspartnerschaftsangelegenheiten bestimmen. Dem entspricht
es, wenn in der berichtigten und verkündeten Fassung von Art.
1 § 3 Abs. 3 und 4 LPartDisBG nunmehr in Übernahme des
der Beschlussfassung des Rechtsausschusses zugrunde liegenden
Textes gänzlich darauf verzichtet wird, darüber eine Aussage
zu treffen, wem gegenüber die namensrechtlichen Erklärungen
der Lebenspartner abzugeben sind.




64



cc) Dies wird im Übrigen durch die
Stellungnahmen zum Berichtigungsverfahren bestätigt. In ihnen
wurde übereinstimmend zum Ausdruck gebracht, dass im Gesetz
keine Entscheidung über die Zuständigkeit einer bestimmten
Behörde für Lebenspartnerschaftsangelegenheiten habe
getroffen werden sollen. Die Anregung zu der Berichtigung von
Art. 1 § 3 Abs. 3 und 4 LPartDisBG kam vom Sekretariat
des Rechtsausschusses unter Hinweis auf einen entsprechenden
Übertragungsfehler bei der Erstellung der
Beschlussempfehlung. Daraufhin unterrichtete das
Bundesministerium der Justiz sowohl den Präsidenten des
Bundestages als auch den Präsidenten des Bundesrates über den
Fehler bei der Übertragung der im Rechtsausschuss gefassten
Beschlüsse in die Beschlussempfehlung, bewertete dies als
offensichtliche Unrichtigkeit und leitete gemäß § 61
Abs. 2 GGO das Berichtigungsverfahren ein. Im Zuge dieses
Verfahrens wurden auch die Obleute der Fraktionen im
Rechtsausschuss damit befasst. In der mündlichen Verhandlung
hat der Abgeordnete Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ohne
Widerspruch der anwesenden Abgeordneten von Renesse (SPD),
Geis (CDU/CSU) und Braun (FDP) vorgetragen, dass die Obleute
aller Fraktionen der Berichtigung zugestimmt hätten. Mit
Schreiben vom 7. und 12. Dezember 2000 willigten die
Präsidenten des Bundestages sowie des Bundesrates in die
Berichtigung ein.




65



3. Die Aufteilung des zunächst von den
Regierungsfraktionen eingebrachten Gesetzentwurfs zur
Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher
Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (BTDrucks 14/3751) im
Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Empfehlung des
Rechtsausschusses des Bundestages in das hier zu prüfende
gleichnamige Gesetz mit seinen materiellen Regelungen zur
eingetragenen Lebenspartnerschaft und in einen Gesetzentwurf
mit insbesondere verfahrensrechtlichen Ausführungsregelungen
(BTDrucks 14/4545 und 14/4550 mit Anlagen) verstößt nicht
gegen die Verfassung. Vor allem bewirkt die erfolgte
Aufteilung nicht die Zustimmungsbedürftigkeit des
LPartDisBG.




66



a) Der Bundestag ist verfassungsrechtlich
nicht gehindert, in Ausübung seiner gesetzgeberischen
Freiheit ein Gesetzgebungsvorhaben in mehreren Gesetzen zu
regeln. Dabei kann er, wie hier geschehen, auch noch im
laufenden Gesetzgebungsverfahren die von ihm angestrebten
materiell-rechtlichen Bestimmungen in einem Gesetz
zusammenfassen, gegen das dem Bundesrat nur ein
Einspruchsrecht zusteht, und für die Vorschriften, die das
Verwaltungsverfahren der Länder regeln sollen, ein anderes,
und zwar ein zustimmungsbedürftiges Gesetz vorsehen, wie das
in der Praxis nicht selten geschieht (vgl. BVerfGE 34, 9
; 37, 363 ).




67



Die Möglichkeit des Bundestages, mit der
Aufteilung einer Gesetzesmaterie auf zwei oder mehrere
Gesetze das Zustimmungsrecht des Bundesrates auf einen Teil
der beabsichtigten Regelung zu begrenzen, folgt aus seinem
Recht zur Gesetzgebung. Mit einer solchen Aufteilung wird
weder das Recht der Länder, an der Gesetzgebung des Bundes
mitzuwirken, in unzulässiger Weise eingeschränkt noch kommt
es zu einer Verschiebung der verfassungsrechtlich
zugewiesenen Gewichte von Bundestag und Bundesrat bei der
Gesetzgebung (vgl. BVerfGE 37, 363 ; 55,
274 ; 75, 108 ).




68



aa) Im Bereich der konkurrierenden
Gesetzgebung, zu der nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 2 GG auch das
Personenstandswesen und damit die Einführung der
eingetragenen Lebenspartnerschaft als neuer Personenstand
gehört, haben die Länder nach Art. 72 Abs. 1 GG die Befugnis
zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner
Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch
gemacht hat. Dies sichert den Ländern ihre originäre
Kompetenz zur Gesetzgebung in quantitativer und qualitativer
Hinsicht überall dort, wo der Bundesgesetzgeber noch keine
gesetzliche Regelung getroffen hat. Macht dieser allerdings
unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG von seiner
Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, wirkt der Bundesrat bei der
Bundesgesetzgebung nach Art. 50 GG lediglich mit. Dabei ist
das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrates zu einem
Gesetz nach dem Grundgesetz die Ausnahme (vgl. BVerfGE 37,
363 ). Unter anderem besteht es nach Art. 84 Abs.
1 GG dann, wenn das Gesetz ausschließlich oder neben anderen
Bestimmungen Regelungen über die Einrichtung von Behörden
oder das Verwaltungsverfahren enthält und damit in die
Kompetenz der Länder gemäß Art. 83 GG eingreift,
Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten auszuführen und
hierfür die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen zu
treffen. Die Zustimmung des Bundesrates zu einem solchen
Gesetz soll dafür Sorge tragen, dass den Ländern nicht gegen
den mehrheitlichen Willen des Bundesrates durch einfaches
Bundesgesetz die Gesetzgebungskompetenz für das
Verwaltungsverfahren entzogen wird. Diese Sperrwirkung
sichert ihnen Einfluss auf den Inhalt des Bundesgesetzes im
Ganzen. Denn das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrates
erstreckt sich nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts auf das ganze Gesetz als
gesetzgebungstechnische Einheit, also auch auf an sich nicht
zustimmungsbedürftige Normen (vgl. BVerfGE 8, 274
; 37, 363 ; 55, 274 ). Ob an
dieser Rechtsprechung angesichts der Kritik im Schrifttum
(vgl. etwa Lücke in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl.
1999, Art. 77 Rn. 15; Maurer, Staatsrecht I, 2. Aufl. 2001,
§ 17 Rn. 74 ff.) festzuhalten ist, bedarf im
vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da der Gesetzgeber
diesen Weg nicht gewählt hat.




69



Verzichtet der Bundesgesetzgeber demgegenüber
in einem Gesetz auf verwaltungsverfahrensrechtliche
Regelungen, entspricht dies dem Modell der
verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund
und Ländern nach Art. 83 und Art. 84 GG. Gegen ein solches
Gesetz hat der Bundesrat nach Art. 77 Abs. 3 GG lediglich ein
Einspruchsrecht; ein Einspruch kann gemäß Art. 77 Abs. 4 GG
vom Bundestag zurückgewiesen werden.




70



bb) Nichts anderes gilt für den Fall, dass der
Bundesgesetzgeber zwar neben einer materiell-rechtlichen
Normsetzung auch Regelungen zu deren Umsetzung im
Verwaltungsverfahren der Länder treffen will, dabei aber
beide Regelungskomplexe nicht in einem Gesetz zusammenführt,
sondern sie in jeweils eigenständige Gesetze aufteilt. Wenn
hierdurch vom Zustimmungsrecht des Bundesrates allein das
Gesetz erfasst wird, in dem der verfahrensrechtliche Teil
enthalten ist, bewirkt dies keine Verschiebung der im
Grundgesetz festgelegten Zuständigkeiten zu Lasten der
Länder. Denn dem Bundesrat steht ein Zustimmungsrecht zu
materiell-rechtlichen bundesgesetzlichen Regelungen -
abgesehen von den im Grundgesetz vorgesehenen besonderen
Fällen - nur dort zu, wo der Bundesgesetzgeber in den
Zuständigkeitsbereich der Länder nach Art. 83 ff. GG
eingreift. Ein solcher Eingriff erfolgt aber allein durch das
vom materiell-rechtlichen Regelungsgehalt getrennte
eigenständige Verfahrensgesetz.




71



Die Aufteilung verhindert, dass dem Bundesrat
durch gemeinsame Behandlung materiell-rechtlicher und
verfahrensrechtlicher Regelungen in einem Gesetz ein
Zustimmungsrecht auch hinsichtlich der materiell-rechtlichen
Bestimmungen zuwächst. Sie sichert zugleich, dass der
Bundestag die ihm zustimmungsfrei zugewiesenen Materien
regeln kann, ohne auf die Zustimmung des Bundesrates
angewiesen zu sein. Wählt der Bundestag eine solche
Vorgehensweise, richtet er die Gestaltung seiner Gesetzgebung
gerade an der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung
zwischen Bund und Ländern aus. Die Länder erleiden, wie der
vorliegende Fall zeigt, hierdurch keinen Kompetenzverlust.
Sie haben inzwischen in eigener Zuständigkeit die für die
Ausführung des LPartDisBG erforderlichen Verfahrensregelungen
selbst getroffen.




72



b) Ob der Dispositionsbefugnis des Bundestages
hinsichtlich der Aufteilung eines Rechtsstoffes auf mehrere
Gesetze im Einzelfall verfassungsrechtliche Grenzen gezogen
sind und wann solche gegebenenfalls überschritten wären, kann
auch hier dahingestellt bleiben (vgl. BVerfGE 24, 184
; 77, 84 ). Die Entscheidung
des Bundesgesetzgebers, die nicht zustimmungsbedürftigen
Regelungen zum neuen Institut der eingetragenen
Lebenspartnerschaft in einem Gesetz zu bündeln und die
zustimmungsbedürftigen Bestimmungen davon getrennt zum Inhalt
eines anderen Gesetzes zu machen, ist frei von Willkür.




73



aa) Ein dem Bundestag unterstelltes Motiv, die
Aufteilung der Gesetzesmaterie auf zwei Gesetze nur
vorgenommen zu haben, um dem Bundesrat so die Möglichkeit zu
verschließen, durch Zustimmungsverweigerung auch die
beabsichtigten materiell-rechtlichen Regelungen zu
verhindern, lässt diese Vorgehensweise nicht als willkürlich
erscheinen. Unter der bisher angenommenen Voraussetzung, dass
ein Gesetz schon dann insgesamt zustimmungsbedürftig wird,
wenn es nur eine einzige zustimmungsbedürftige Vorschrift
enthält (vgl. BVerfGE 8, 274 ; 55, 274
), ist eine solche Aufteilung ein legitimer Weg,
einer ausgreifenden Erstreckung der Zustimmungsbedürftigkeit
von Gesetzen zu begegnen und dem Parlament die Realisierung
seines Gesetzesvorhabens zu ermöglichen. Von einem solchen
Motiv des Gesetzgebers auf die Missbräuchlichkeit seiner
Vorgehensweise zu schließen, würde letztlich dazu führen, den
Bundestag zu verpflichten, Verfahrensregelungen stets selbst
und zusammen mit dem materiellen Recht zu treffen. Dies
ermöglichte zwar einerseits dem Bundesrat, seinen Einfluss
stärker auch auf das materielle Recht auszuüben, entzöge
andererseits aber den Ländern schleichend
Gesetzgebungskompetenzen dort, wo für sie originäre
Zuständigkeiten von Verfassungs wegen bestehen. Eine solche
Handhabung, nicht dagegen die Aufteilung der Rechtsmaterie
auf zwei Gesetze, könnte eine allmähliche Verschiebung
grundgesetzlicher Zuständigkeiten bewirken, die Art. 84 Abs.
1 GG gerade verhindern soll.




74



bb) Die im LPartDisBG enthaltenen
materiell-rechtlichen Regelungen stellen entgegen der
Auffassung der Antragstellerinnen auch keinen "Gesetzestorso"
dar. Sie sind aus sich heraus verständlich und hinreichend
bestimmt. Sie gestalten die Rechtslage so, dass die
Betroffenen ihr Verhalten daran orientieren können. Es
bestand für den Gesetzgeber insbesondere keine Notwendigkeit,
das Unterhaltsrecht für Lebenspartner und die
steuerrechtliche Berücksichtigung darauf beruhender
Unterhaltsleistungen in ein und demselben Gesetz zu regeln.
Auch das Unterhaltsrecht der Ehegatten ist vom Gesetzgeber
stets getrennt von seiner steuerrechtlichen Behandlung in den
Steuergesetzen ausgestaltet worden.




75



Das Gesetz ist schließlich auch vollziehbar.
Dies wird durch die verschiedenen Ausführungsregelungen der
Länder eindeutig bestätigt.




II.




76



Das LPartDisBG ist auch materiell
verfassungsgemäß.




77



1. Es ist mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar. Die
Einführung des neuen Instituts der eingetragenen
Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare und seine
rechtliche Ausgestaltung verstoßen weder gegen die in Art. 6
Abs. 1 GG gewährleistete Eheschließungsfreiheit noch gegen
die dort normierte Institutsgarantie. Die eingetragene
Lebenspartnerschaft ist auch mit Art. 6 Abs. 1 GG in seiner
Eigenschaft als wertentscheidende Grundsatznorm
vereinbar.




78



a) Als Grundrecht schützt Art. 6 Abs. 1 GG die
Freiheit, eine Ehe mit einem selbst gewählten Partner zu
schließen (vgl. BVerfGE 31, 58 ; 76, 1 ).
Dieses Recht auf ungehinderten Zugang zur Ehe wird durch das
LPartDisBG nicht berührt.




79



aa) Jeder ehefähigen Person steht auch nach
Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft durch das
LPartDisBG der Weg in die Ehe offen. Allerdings kann die Ehe
nur mit einem Partner des jeweils anderen Geschlechts
geschlossen werden, da ihr als Wesensmerkmal die
Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner innewohnt (vgl.
BVerfGE 10, 59 ) und sich nur hierauf das Recht der
Eheschließungsfreiheit bezieht. Gleichgeschlechtlichen Paaren
bleibt auch nach dem LPartDisBG die Ehe verschlossen. Ihnen
wird für eine dauerhafte Bindung als Rechtsinstitut allein
die eingetragene Lebenspartnerschaft eröffnet.




80



Ebenso beeinflusst das Gesetz weder
unmittelbar noch mittelbar die Freiheit
verschiedengeschlechtlicher Paare, eine Ehe zu begründen. Da
ihnen die eingetragene Lebenspartnerschaft verschlossen
bleibt, können sie durch dieses Institut nicht vom Eheschluss
abgehalten werden.




81



bb) Der Zugang zur Ehe wird durch das
LPartDisBG nicht eingeschränkt. Eine schon eingegangene
Lebenspartnerschaft steht nach dem Gesetz einer Eheschließung
nicht entgegen. Das LPartDisBG statuiert für diesen Fall kein
ausdrückliches Ehehindernis. Der Standesbeamte hat bei einer
solchen Konstellation aber zu prüfen, ob als Voraussetzung
für die Eheschließung der ernsthafte Wille der Partner
besteht, eine Ehe einzugehen, und seine Mitwirkung an der
Eheschließung zu verweigern, wenn ein solcher Wille fehlt
(§ 1310 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1314 Abs. 2 Nr. 5
BGB).




82



Allerdings hat der Gesetzgeber offen gelassen,
ob ein Eheschluss bei bestehender eingetragener
Lebenspartnerschaft rechtliche Folgen für den weiteren
Bestand der Lebenspartnerschaft nach sich zieht und
gegebenenfalls welche dies wären. Die Beantwortung dieser
Fragen ist damit letztlich der Rechtsprechung überlassen.




83



Diese im Gesetz enthaltene Lücke kann nur
unter Beachtung des der Ehe nach Art. 6 Abs. 1 GG zukommenden
Schutzes verfassungskonform geschlossen werden. Dabei gilt es
zu berücksichtigen, dass die Ehe als Form einer engen
Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau eine personelle
Exklusivität auszeichnet. Dieses Wesensmerkmal könnte der Ehe
verloren gehen, wenn es einem oder beiden Ehepartnern erlaubt
bliebe, die ebenfalls auf Dauer angelegte Lebenspartnerschaft
mit einem anderen Partner beizubehalten. Der Schutz der Ehe
aus Art. 6 Abs. 1 GG gebietet es, neben der Ehe keine andere
rechtsverbindliche Partnerschaft des Ehegatten zuzulassen,
wovon der Gesetzgeber selbst in Art. 1 § 1 Abs. 2
LPartDisBG ausgegangen ist.




84



Aus diesem Grunde wird in der
rechtswissenschaftlichen Literatur vorgeschlagen, die durch
das LPartDisBG nicht unterbundene Möglichkeit, bei
bestehender Lebenspartnerschaft eine Ehe zu schließen, mit
der Rechtsfolge zu verbinden, dass der Eheschluss die
Lebenspartnerschaft ipso iure auflöst, die damit keinen
rechtlichen Bestand mehr hat (vgl. Schwab, FamRZ 2001, S. 385
). Dies wäre ein Weg, die vorhandene gesetzliche
Lücke in einer Art. 6 Abs. 1 GG gerecht werdenden Weise zu
schließen. Diese Lösung beeinträchtigt zwar den anderen
Lebenspartner stärker als bei einer Aufhebung nach Art. 1
§ 15 LPartDisBG, ist aber angesichts der Gewährleistung
des Art. 6 Abs. 1 GG noch hinnehmbar.




85



Dem Gebot, die Ehe als Lebensform zwischen
einem Mann und einer Frau zu schützen, könnte jedoch auch
dadurch Genüge getan werden, das Eingehen einer Ehe davon
abhängig zu machen, dass eine Lebenspartnerschaft nicht oder
nicht mehr besteht. Ein solches Ehehindernis würde die
Freiheitsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG nicht unzulässig
einschränken, weil es seinen sachlichen Grund gerade im Wesen
und in der Gestalt der Ehe fände (vgl. BVerfGE 36, 146
). Ebenso wie eine bestehende Ehe das Eingehen
einer neuen Ehe verhindert (§ 1306 BGB), um die
Zweierbeziehung der Ehe nicht zu gefährden, entspricht es dem
Schutz der Ehe, sie nur denjenigen zu eröffnen, die sich
nicht schon anderweitig in einer Partnerschaft
rechtsverbindlich gebunden haben. Diese Möglichkeit, der Ehe
den gebotenen Schutz zukommen zu lassen, böte darüber hinaus
denjenigen Vertrauensschutz, die mit der eingetragenen
Lebenspartnerschaft eine Lebensform gewählt haben, die ihnen
der Gesetzgeber als rechtsverbindliche, auf Dauer angelegte
Verantwortungsgemeinschaft nunmehr zur Verfügung gestellt
hat. Für sie würde sichergestellt, dass ihre Partnerschaft
nicht schon allein durch den einseitigen Entschluss des
anderen Partners, eine Ehe schließen zu wollen, beendet
werden könnte. Ein Verbot, die Ehe bei Bestehen der
Lebenspartnerschaft einzugehen, wäre zwar grundsätzlich
sachlich gerechtfertigt. Es begrenzte jedoch die
Eheschließungsfreiheit. Ob das vorliegende Gesetz auch
insoweit eine richterliche Lückenfüllung ermöglicht, ist hier
nicht zu entscheiden. Berücksichtigt man die tief greifenden
Folgen, die eine Auflösung oder Beendigung einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft für das persönliche Leben
sowie die wirtschaftliche Situation der einzelnen Betroffenen
nach sich zieht und die je nachdem, welche rechtliche
Konstruktion gewählt wird, um ein Nebeneinander zwischen Ehe
und Lebenspartnerschaft auszuschließen, sehr unterschiedlich
ausfallen können, wäre es nahe liegend, dass der Gesetzgeber
selbst festlegt, ob eine bestehende Lebenspartnerschaft das
Eingehen einer Ehe verhindert oder eine Eheschließung zur
Auflösung einer bestehenden Lebenspartnerschaft führt.




86



b) Dem verfassungsrechtlichen Gebot des Art. 6
Abs. 1 GG, die Ehe als Lebensform anzubieten und zu schützen
(Institutsgarantie, vgl. BVerfGE 10, 59 ;
31, 58 ; 80, 81 ), hat der
Gesetzgeber mit der Einführung der eingetragenen
Lebenspartnerschaft durch das LPartDisBG nicht zuwider
gehandelt. Regelungsgegenstand des Gesetzes ist nicht die
Ehe.




87



aa) Das Grundgesetz selbst enthält keine
Definition der Ehe, sondern setzt sie als besondere Form
menschlichen Zusammenlebens voraus. Die Verwirklichung des
verfassungsrechtlichen Schutzes bedarf insoweit einer
rechtlichen Regelung, die ausgestaltet und abgrenzt, welche
Lebensgemeinschaft als Ehe den Schutz der Verfassung genießt.
Der Gesetzgeber hat dabei einen erheblichen
Gestaltungsspielraum, Form und Inhalt der Ehe zu bestimmen
(vgl. BVerfGE 31, 58 ; 36, 146 ; 81, 1
). Das Grundgesetz gewährleistet das
Institut der Ehe nicht abstrakt, sondern in der
Ausgestaltung, wie sie den jeweils herrschenden, in der
gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten
Anschauungen entspricht (vgl. BVerfGE 31, 58
). Allerdings muss der Gesetzgeber bei der
Ausformung der Ehe die wesentlichen Strukturprinzipien
beachten, die sich aus der Anknüpfung des Art. 6 Abs. 1 GG an
die vorgefundene Lebensform in Verbindung mit dem
Freiheitscharakter des verbürgten Grundrechts und anderen
Verfassungsnormen ergeben (vgl. BVerfGE 31, 58 ).
Zum Gehalt der Ehe, wie er sich ungeachtet des
gesellschaftlichen Wandels und der damit einhergehenden
Änderungen ihrer rechtlichen Gestaltung bewahrt und durch das
Grundgesetz seine Prägung bekommen hat, gehört, dass sie die
Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer
angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem
Entschluss unter Mitwirkung des Staates (vgl. BVerfGE 10, 59
; 29, 166 ; 62, 323 ), in der
Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander
stehen (vgl. BVerfGE 37, 217 ; 103, 89
) und über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens
frei entscheiden können (vgl. BVerfGE 39, 169 ;
48, 327 ; 66, 84 ).




88



bb) Von diesem Schutz wird das Institut der
eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht erfasst. Die
Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheidet es von der
Ehe und konstituiert es zugleich. Die eingetragene
Lebenspartnerschaft ist keine Ehe im Sinne von Art. 6 Abs. 1
GG. Sie erkennt gleichgeschlechtlichen Paaren Rechte zu. Der
Gesetzgeber trägt damit den Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1
und 3 GG Rechnung, indem er diesen Personen zu einer besseren
Entfaltung ihrer Persönlichkeit verhilft und
Diskriminierungen abbaut.




89



cc) Die Ehe als Institut ist in ihren
verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien und ihrer
Ausgestaltung durch den Gesetzgeber vom LPartDisBG selbst
nicht betroffen. Ihr rechtliches Fundament hat keine Änderung
erfahren. Sämtliche Regelungen, die der Ehe einen rechtlichen
Rahmen geben und das Institut mit Rechtsfolgen ausstatten,
haben nach wie vor Bestand (vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli
2001 - 1 BvQ 23/01 und 1 BvQ 26/01 -, NJW 2001, S.
2457 f.). Der Institutsgarantie kann, gerade weil sie
sich nur auf die Ehe bezieht, kein Verbot entnommen werden,
gleichgeschlechtlichen Partnern die Möglichkeit einer
rechtlich ähnlich ausgestalteten Partnerschaft zu
eröffnen.




90



c) Art. 6 Abs. 1 GG erschöpft sich jedoch
nicht darin, die Ehe in ihrer wesentlichen Struktur zu
gewährleisten, sondern gebietet als verbindliche
Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie
betreffenden privaten und öffentlichen Rechts einen
besonderen Schutz durch die staatliche Ordnung (vgl. BVerfGE
6, 55 ; 55, 114 ). Um dem Schutzauftrag
Genüge zu tun, ist es insbesondere Aufgabe des Staates,
einerseits alles zu unterlassen, was die Ehe schädigt oder
sonst beeinträchtigt, und sie andererseits durch geeignete
Maßnahmen zu fördern (vgl. BVerfGE 6, 55 ; 28, 104
; 53, 224 ; 76, 1 ; 80, 81
; 99, 216 ). Dagegen hat
der Gesetzgeber mit dem LPartDisBG nicht verstoßen.




91



aa) Die Ehe wird durch das LPartDisBG weder
geschädigt noch sonst beeinträchtigt.




92



Der besondere Schutz, der der Ehe nach Art. 6
Abs. 1 GG zukommt, verbietet es, sie insgesamt gegenüber
anderen Lebensformen schlechter zu stellen (vgl. BVerfGE 6,
55 ; 13, 290 ; 28, 324
; 67, 186 ; 87, 234
; 99, 216 ).




93



(1) Dies geschieht nicht dadurch, dass das
LPartDisBG gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit
eröffnet, eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit Rechten
und Pflichten einzugehen, die denen der Ehe nahe kommen.




94



Zwar hat der Gesetzgeber in weiten Bereichen
die Rechtsfolgen des neuen Instituts der eingetragenen
Lebenspartnerschaft den eherechtlichen Regelungen
nachgebildet. Dadurch werden die Ehe oder Ehegatten jedoch
nicht schlechter als bisher gestellt und nicht gegenüber der
Lebenspartnerschaft oder Lebenspartnern benachteiligt. Dem
Institut der Ehe drohen keine Einbußen durch ein Institut,
das sich an Personen wendet, die miteinander keine Ehe
eingehen können.




95



(2) Ein Verstoß des LPartDisBG gegen das
Benachteiligungsverbot liegt auch nicht darin, dass der
Gesetzgeber davon abgesehen hat, mit diesem Gesetz zugleich
das Bundessozialhilfegesetz um Regelungen zu ergänzen, die
auch bei Lebenspartnern eine gegenseitige Einkommens- und
Vermögensberücksichtigung bei der Bedürftigkeitsprüfung als
Voraussetzung für die Gewährung von Sozialhilfe
vorschreiben.




96



Damit werden derzeit im Sozialhilferecht zwar
Ehepaare als wirtschaftliche Einheit behandelt, nicht jedoch
ausdrücklich auch Lebenspartner. Bei Ehegatten kann dies
wegen der vorzunehmenden Einkommensanrechnung zur Reduzierung
oder zum Wegfall des Sozialhilfeanspruchs führen, während
Lebenspartner ohne Einkommensanrechnung in den Genuss des
ungekürzten Bezuges von Sozialhilfe kommen könnten. Eine
darin liegende Benachteiligung von Ehegatten würde jedoch
nicht durch das LPartDisBG bewirkt, sondern durch das Fehlen
entsprechender Regelungen im Bundessozialhilfegesetz. Das
LPartDisBG privilegiert Lebenspartner hinsichtlich der
Verpflichtung zu gegenseitiger Unterhaltstragung gerade nicht
gegenüber Ehegatten. Werden im Sozialhilferecht daraus nicht
die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen gezogen, kann
dort ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 6
Abs. 1 GG eintreten, nicht aber durch die Vorschriften des
LPartDisBG, die allein Gegenstand des abstrakten
Normenkontrollverfahrens sind.




97



bb) Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des
neuen Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft auch
nicht gegen das Gebot verstoßen, die Ehe als Lebensform zu
fördern. Das Gesetz entzieht der Ehe keine Förderung, die sie
bisher erfahren hat. Es nimmt lediglich eine andere
Lebensgemeinschaft unter rechtlichen Schutz und weist ihr
Rechte und Pflichten zu.




98



cc) Dem Gesetzgeber ist es wegen des
verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG
nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu
begünstigen (vgl. BVerfGE 6, 55 ). Aus der
Zulässigkeit, in Erfüllung und Ausgestaltung des
Förderauftrags die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu
privilegieren, lässt sich jedoch kein in Art. 6 Abs. 1 GG
enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber
der Ehe zu benachteiligen. Dies verkennt die Richterin Haas
in ihrer abweichenden Meinung, wenn sie das Fördergebot des
Art. 6 Abs. 1 GG als ein Benachteiligungsgebot für andere
Lebensformen als die Ehe versteht. Art. 6 Abs. 1 GG
privilegiert die Ehe durch einen nur ihr zukommenden
verfassungsrechtlichen Schutz und verpflichtet den
Gesetzgeber, sie mit den ihr angemessenen Mitteln zu fördern.
Ein Gebot, andere Lebensformen zu benachteiligen, lässt sich
hieraus jedoch nicht ableiten. Das Ausmaß des rechtlichen
Schutzes und der Förderung der Ehe wird in keinerlei Hinsicht
verringert, wenn die Rechtsordnung auch andere Lebensformen
anerkennt, die mit der Ehe als Gemeinschaft
verschiedengeschlechtlicher Partner nicht in Konkurrenz
treten können. Es ist verfassungsrechtlich auch nicht
begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten,
dass solche anderen Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe
auszugestalten und mit geringeren Rechten zu versehen sind.
Sein Schutz- und Förderauftrag gebietet es dem Gesetzgeber
allerdings, dafür Sorge zu tragen, dass die Ehe die Funktion
erfüllen kann, die ihr von der Verfassung zugewiesen ist.




99



(1) Wenn Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe unter
besonderen Schutz stellt, liegt die Besonderheit darin, dass
allein die Ehe als Institut neben der Familie diesen
verfassungsrechtlichen Schutz erfährt, nicht dagegen eine
andere Lebensform. Die Ehe kann nicht ohne
Verfassungsänderung abgeschafft oder in ihren wesentlichen
Strukturprinzipien verändert werden (so schon von Mangoldt im
Ausschuss für Grundsatzfragen des Parlamentarischen Rates,
in: Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Akten und Protokolle,
Band 5/II, 1993, bearbeitet von Pikart/Werner, S. 826). Nur
für sie besteht ein verfassungsrechtlicher Auftrag zur
Förderung. Der Besonderheit des Schutzes eine darüber
hinausgehende Bedeutung dahingehend beizumessen, dass die Ehe
auch im Umfang stets mehr zu schützen sei als andere
Lebensgemeinschaften (so im Ergebnis Badura, in: Maunz/Dürig,
Grundgesetz, Art. 6 Abs. 1 Rn. 56 ;
Burgi, in: Der Staat, Band 39, 2000, S. 487 ff.; Krings,
ZRP 2000, S. 409 ff.; Pauly, NJW 1997, S. 1955 f.;
Scholz/Uhle, NJW 2001, S. 393 f.; Tettinger, in: Essener
Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Band 35, 2001, S. 140),
kann weder auf den Wortlaut der Grundrechtsnorm noch auf ihre
Entstehungsgeschichte gestützt werden.




100



Art. 6 Abs. 1 GG hat im Laufe der Beratungen
im Parlamentarischen Rat mannigfache textliche Veränderungen
erfahren, wobei des Öfteren die Formulierung zwischen einem
Schutz und einem besonderen Schutz der Ehe wechselte (vgl.
Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, 21. Sitzung,
Protokoll, S. 239; Protokoll der 32. Sitzung des
Grundsatzausschusses, in: Der Parlamentarische Rat 1948-1949,
a.a.O., Band 5/II, 1993, S. 910 ; Protokoll der
43. Sitzung des Hauptausschusses, S. 545 ;
Stellungnahme des Allgemeinen Redaktionsausschusses zur
Fassung der 2. Lesung des Hauptausschusses, S. 121;
Parlamentarischer Rat, Hauptausschuss, Protokoll der 57.
Sitzung, S. 743 f.). Den Debatten ist dabei nicht zu
entnehmen, dass diese Textänderungen erfolgten, weil Ehe und
Familie ein mehr oder weniger starker Schutz zukommen sollte.
Vielmehr gibt es deutliche Hinweise dafür, dass diese
Änderungen allein vom jeweiligen Sprachempfinden veranlasst
waren. So meinte von Mangoldt zum Vorschlag des Deutschen
Sprachvereins, das Wort "besonderen" zu streichen und die
Formulierung zu wählen "Ehe und Familie ... stehen unter dem
Schutze der Verfassung", dies sei inhaltlich genau dasselbe,
aber in der Formulierung besser (Der Parlamentarische Rat
1948-1949, Band 5/II, a.a.O.).




101



In den Debatten um Art. 6 Abs. 1 GG spielte
auch die Frage des Schutzes neuer Lebensformen eine
wesentliche Rolle (vgl. hierzu die Beiträge von Helene Weber,
in: Protokoll der 21. Sitzung des Hauptausschusses, S. 240,
und Elisabeth Selbert, in: Protokoll der 43. Sitzung des
Hauptausschusses, S. 552 f.). Dabei hatte insbesondere
das Argument, der besondere Schutz der Familie schließe die
Gleichstellung unehelicher Kinder in Art. 6 Abs. 5 GG aus
(vgl. Weber und Süsterhenn in: Protokoll der 21. Sitzung des
Hauptausschusses, S. 242 f.) keinen Erfolg. Wenn von
Mangoldt als Berichterstatter in seinem Schriftlichen Bericht
zu Art. 6 Abs. 1 GG schließlich anmerkte, diese
Grundrechtsnorm sei kaum mehr als eine Deklaration, bei der
nicht recht zu übersehen sei, welche Wirkungen sie als
unmittelbar geltendes Recht habe (Anlage zum stenographischen
Bericht der 9. Sitzung des Parlamentarischen Rates, S. 6),
dann spiegelt dies wider, dass zwar Einigkeit darüber
bestand, Ehe und Familie unter verfassungsrechtlichen Schutz
zu stellen, jedoch keine Klärung erfolgte, was dies im
Einzelnen für ihr Verhältnis zu anderen Lebensformen
bedeutet. Ein Abstandsgebot kann hierauf jedenfalls nicht
gestützt werden.




102



(2) Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Ehe, wie sie
vom Gesetzgeber unter Wahrung ihrer wesentlichen
Grundprinzipien jeweils Gestalt erhalten hat (vgl. BVerfGE
31, 58 ). Als von Menschen gelebte
Gemeinschaft ist sie Freiheitsraum und zugleich Teil der
Gesellschaft, von deren Veränderungen sie nicht
ausgeschlossen ist. Auf solche kann der Gesetzgeber reagieren
und die Ausgestaltung der Ehe gewandelten Bedürfnissen
anpassen. Damit ändert sich zugleich das Verhältnis der Ehe
zu anderen Formen menschlichen Zusammenlebens. Das Gleiche
gilt, wenn der Gesetzgeber nicht die Ehe gesetzlich neu
gestaltet, sondern andere Lebensgemeinschaften regelt.
Insofern stehen Lebensformen nicht in einem festen Abstand,
sondern in relativer Beziehung zueinander. Zugleich können
sie sich durch die jeweilige Ausgestaltung nicht nur in den
ihnen zugewiesenen Rechten und Pflichten unterscheiden oder
gleichen, sondern auch in ihrer Funktion und hinsichtlich des
Kreises von Personen, die Zugang zu ihnen finden. So kann der
Schutz, der der Ehe als Institut zukommt, nicht von den
Normadressaten getrennt werden, für die die Ehe als
geschützte Lebensform bereitzuhalten ist.




103



(3) Die Förderpflicht des Staates hat sich am
Schutzzweck des Art. 6 Abs. 1 GG auszurichten. Trüge der
Gesetzgeber selbst durch Normsetzung dazu bei, dass die Ehe
ihre Funktion einbüßte, würde er das Fördergebot aus Art. 6
Abs. 1 GG verletzen. Eine solche Gefahr könnte bestehen, wenn
der Gesetzgeber in Konkurrenz zur Ehe ein anderes Institut
mit derselben Funktion schüfe und es etwa mit gleichen
Rechten und geringeren Pflichten versähe, so dass beide
Institute austauschbar wären. Eine derartige Austauschbarkeit
ist mit der Schaffung der eingetragenen Lebenspartnerschaft
jedoch nicht verbunden. Sie kann mit der Ehe schon deshalb
nicht in Konkurrenz treten, weil der Adressatenkreis, an den
sich das Institut richtet, nicht den der Ehe berührt. Die
eingetragene Lebenspartnerschaft ist wegen dieses
Unterschieds auch keine Ehe mit falschem Etikett, wie dies in
beiden Minderheitenvoten angenommen wird, sondern ein aliud
zur Ehe. Nicht ihre Bezeichnung begründet ihre
Andersartigkeit, sondern der Umstand, dass sich in der
eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht Mann und Frau,
sondern zwei gleichgeschlechtliche Partner binden können. In
ihrer Gesamtheit geben die Strukturprinzipien, die die Ehe
kennzeichnen, dieser die Gestalt und Exklusivität, in der sie
als Institut verfassungsrechtlichen Schutz erfährt. Art. 6
Abs. 1 GG reserviert jedoch nicht einzelne dieser
Strukturelemente allein für die Ehe. Er verbietet dem
Gesetzgeber nicht, Rechtsformen für ein auf Dauer angelegtes
Zusammenleben auch anderen Personenkonstellationen als der
Verbindung von Mann und Frau anzubieten. Durch das Merkmal
der Dauerhaftigkeit werden solche Rechtsbeziehungen nicht zur
Ehe. Auch sonst ist nicht erkennbar, dass sie das Gefüge
dieses Instituts beschädigen könnten.




104



2. Das LPartDisBG verstößt weder gegen das
besondere Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG
noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1
GG.




105



a) Darin, dass das Gesetz nur
gleichgeschlechtlichen Paaren die eingetragene
Lebenspartnerschaft eröffnet (Art. 1 § 1 Abs. 1
LPartDisBG), liegt keine Benachteiligung von
verschiedengeschlechtlichen Paaren wegen ihres Geschlechts
nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG.




106



Das Gesetz verbindet Rechte und Pflichten
nicht mit dem Geschlecht einer Person, sondern knüpft an die
Geschlechtskombination einer Personenverbindung an, der sie
den Zugang zur Lebenspartnerschaft einräumt. Den Personen in
dieser Verbindung weist sie dann Rechte und Pflichten zu.
Ebenso wie die Ehe mit ihrer Beschränkung auf die
Zweierbeziehung zwischen Mann und Frau gleichgeschlechtliche
Paare wegen ihres Geschlechts nicht diskriminiert,
benachteiligt die Lebenspartnerschaft heterosexuelle Paare
nicht wegen ihres Geschlechts. Männer und Frauen werden stets
gleichbehandelt. Sie können eine Ehe mit einer Person des
anderen Geschlechts eingehen, nicht jedoch mit einer ihres
eigenen Geschlechts. Sie können eine Lebenspartnerschaft mit
einer Person ihres eigenen Geschlechts gründen, nicht aber
mit einer des anderen.




107



b) Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG,
dass nichtehelichen Lebensgemeinschaften
verschiedengeschlechtlicher Personen und verwandtschaftlichen
Einstandsgemeinschaften der Zugang zur Rechtsform der
eingetragenen Lebenspartnerschaft verwehrt ist.




108



Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, eine Gruppe von
Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders
zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine
Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen,
dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl.
BVerfGE 55, 72 ; 84, 348 ; 101, 239
; stRspr). Derartige Unterschiede bestehen jedoch
zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren und den anderen
sozialen Personengemeinschaften.




109



aa) Die eingetragene Lebenspartnerschaft
ermöglicht gleichgeschlechtlichen Paaren, ihre
Lebensgemeinschaft auf eine rechtlich anerkannte Basis zu
stellen und sich in Verantwortung zueinander dauerhaft zu
binden, was ihnen bisher verwehrt war, da sie keine Ehe
eingehen können. Demgegenüber ist das Anliegen
verschiedengeschlechtlicher Paare, sich rechtsverbindlich auf
Dauer zu binden, zwar in der Einschätzung der Betroffenen
gleichermaßen gewichtig wie das gleichgeschlechtlicher Paare
und ihm im Wesentlichen auch ähnlich (vgl. Buba/Vaskovics,
a.a.O., S. 16, 245 ff.). Im Gegensatz zu
gleichgeschlechtlichen Paaren steht ihnen hierfür aber das
Institut der Ehe offen. Der Unterschied, dass aus einer auf
Dauer verbundenen Zweierbeziehung von Mann und Frau
gemeinsame Kinder erwachsen können, aus einer
gleichgeschlechtlichen Partnerschaft dagegen nicht,
rechtfertigt es, verschiedengeschlechtliche Paare auf die Ehe
zu verweisen, wenn sie ihrer Lebensgemeinschaft eine
dauerhafte Rechtsverbindlichkeit geben wollen. Sie werden
hierdurch nicht benachteiligt.




110



bb) Auch im Verhältnis der
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zu den
Geschwister- oder anderen verwandtschaftlichen
Einstandsgemeinschaften bestehen Unterschiede, die ihre
unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Dies betrifft
schon die Exklusivität der eingetragenen Lebensgemeinschaft,
die keine weitere Beziehung gleicher Art neben sich zulässt,
während Geschwister- und andere verwandtschaftliche
Einstandsgemeinschaften häufig in weitere vergleichbare
Beziehungen eingebunden sind und auch neben einer sonstigen
Bindung durch Ehe oder Partnerschaft bestehen.
Verwandtschaftliche Einstandsgemeinschaften erfahren überdies
schon nach geltendem Recht in gewisser Hinsicht eine
Absicherung, die gleichgeschlechtlichen Paaren erst mit der
Lebenspartnerschaft eröffnet worden ist. So bestehen im
Verwandtschaftsverhältnis Zeugnisverweigerungsrechte,
Erbrechte und zum Teil auch Pflichtteilsrechte sowie deren
steuerliche Begünstigung.




111



cc) Es ist dem Gesetzgeber zwar generell nicht
verwehrt, für verschiedengeschlechtliche Paare oder für
andere Einstandsgemeinschaften neue Möglichkeiten zu
eröffnen, ihre Beziehung in eine Rechtsform zu bringen, wenn
er dabei eine Austauschbarkeit der jeweiligen rechtlichen
Gestalt mit der Ehe vermeidet. Ein verfassungsrechtliches
Gebot, solche Möglichkeiten zu schaffen, besteht jedoch
nicht.




112



3. Auch die im Gesetz enthaltenen Bestimmungen
zum Sorge- und Erbrecht von Lebenspartnern sowie zum
Unterhaltsrecht sind verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden.




113



a) aa) Dem Lebenspartner eines allein
sorgeberechtigten Elternteils ist nach Art. 1 § 9
LPartDisBG mit dessen Einvernehmen die Befugnis eingeräumt
worden, in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes
mitzuentscheiden, wenn er mit dem Elternteil zusammenlebt.
Zugleich hat er ein Notsorgerecht für den Fall erhalten, dass
das Wohl des Kindes bei Gefahr im Verzug ein Handeln
notwendig macht. Gleiches gilt nun für den Ehegatten eines
sorgeberechtigten Elternteils, der selbst nicht Elternteil
ist (Art. 2 Nr. 13 LPartDisBG: § 1687 b BGB). Mit der
Konstituierung dieses "kleinen Sorgerechts" für den
Lebenspartner greift der Gesetzgeber nicht in das Elternrecht
des nicht sorgeberechtigten Elternteils aus Art. 6 Abs. 2 GG
ein.




114



Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt die Pflege und
Erziehung der Kinder als natürliches Recht der Eltern und
zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Dabei umfasst der
Schutzbereich des Elternrechts grundsätzlich auch die
Entscheidung darüber, wer Kontakt mit dem Kind hat und wem
durch Übertragung von Entscheidungsbefugnissen Einfluss auf
die Erziehung des Kindes zugestanden wird. Allerdings bedarf
das Elternrecht der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber (vgl.
BVerfGE 84, 168 ). Es obliegt dem Gesetzgeber, den
einzelnen Elternteilen bestimmte Rechte und Pflichten
zuzuordnen, wenn die Voraussetzungen für eine gemeinsame
Ausübung der Elternverantwortung fehlen (vgl. BVerfGE 92, 158
), oder den Gerichten die Entscheidung
zuzuweisen, welchem Elternteil im Einzelfall die elterliche
Sorge übertragen wird.




115



An eine solche Konstellation der alleinigen
Sorgeberechtigung eines Elternteils knüpft Art. 1 § 9
LPartDisBG an. Nicht das "kleine Sorgerecht", das sich aus
der Alleinsorge des in Lebenspartnerschaft lebenden
Elternteils ableitet, entzieht dem nicht sorgeberechtigten
Elternteil sein Sorgerecht, sondern die familienrechtlichen
Bestimmungen, die ihm kein Sorgerecht zuweisen, oder die
familiengerichtlichen Entscheidungen, die nicht ihm, sondern
dem anderen Elternteil die alleinige Sorge übertragen. Fehlt
ihm das Sorgerecht ohnehin, kann ein Elternteil in seinen
Rechten nicht mehr berührt werden, wenn Dritte, die mit dem
Kind zusammenleben, im Einverständnis mit dem allein
Sorgeberechtigten teilweise gemeinsam Elternverantwortung
wahrnehmen.




116



bb) Dass der Gesetzgeber mit dem "kleinen
Sorgerecht" eine neue sorgerechtliche Befugnis im Rahmen
einer auf Dauer angelegten rechtsverbindlichen
Lebensgemeinschaft wie der Ehe oder der eingetragenen
Lebenspartnerschaft für Ehegatten und Lebenspartner eines
sorgeberechtigten Elternteils, die nicht selber Elternteil
des Kindes sind, geschaffen hat, stellt keinen Verstoß gegen
den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG dar.
Durch die Regelung werden nicht sorgeberechtigte Elternteile,
die mit dem Sorgeberechtigten nicht in einer rechtlich
verfestigten Gemeinschaft leben, nicht ungerechtfertigt
benachteiligt. Ihnen sind andere rechtliche Möglichkeiten
eingeräumt, das Sorgerecht für ihr Kind allein oder zusammen
mit dem anderen Elternteil zu erhalten. Ob nicht
sorgeberechtigten Elternteilen aus anderen Gründen ein
"kleines Sorgerecht" eröffnet werden sollte, bedarf hier
keiner Entscheidung.




117



b) aa) Art. 1 § 10 Abs. 6 LPartDisBG, der
dem überlebenden Lebenspartner einen Pflichtteil zuspricht,
verletzt nicht die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte
Testierfreiheit.




118



Die Testierfreiheit ist das Recht des
Erblassers, zu Lebzeiten einen von der gesetzlichen Erbfolge
abweichenden Übergang seines Vermögens anzuordnen (vgl.
BVerfGE 58, 377 ; 99, 341 ).
Dabei ist es dem Gesetzgeber überlassen, Inhalt und Schranken
des Erbrechts zu bestimmen. Er muss bei dessen näherer
Ausgestaltung den grundlegenden Gehalt der
verfassungsrechtlichen Gewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG
wahren, sich in Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen
halten und insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und
das Gleichheitsgebot beachten (vgl. BVerfGE 67, 329
). Dass die gesetzliche Regelung über das
Pflichtteilsrecht des überlebenden Lebenspartners diese
Grenze überschreitet, ist ungeachtet einer generellen
Klärung, welche verfassungsrechtlichen Schranken dem
Pflichtteilsrecht gesetzt sind, nicht ersichtlich.




119



Das Erbrecht und das Pflichtteilsrecht des
Lebenspartners sind Bestandteil des Rechtsinstituts der
eingetragenen Lebenspartnerschaft, die den Partnern
gegenseitige Rechte und Pflichten in einer lebenslangen
Bindung auferlegt. Mit ihrer Erklärung, die
Lebenspartnerschaft eingehen zu wollen, verpflichten sich die
Lebenspartner zu gegenseitiger Fürsorge und Unterstützung
sowie zur Unterhaltsgewährung. Diese Verpflichtung zur
gegenseitigen umfassenden Sorge rechtfertigt es ebenso wie
bei Ehegatten, dem Lebenspartner mit dem Pflichtteilsrecht
auch über den Tod hinaus eine ökonomische Basis aus dem
Vermögen des verstorbenen Lebenspartners zu sichern.




120



bb) Art. 14 Abs. 1 GG ist auch nicht dadurch
verletzt, dass durch das gesetzliche Erb- und
Pflichtteilsrecht des Lebenspartners das Erbe sonstiger
Erbberechtigter geschmälert wird. Selbst wenn Art. 6 Abs. 1
GG das verfassungsrechtliche Gebot enthielte, den nächsten
Familienangehörigen eine angemessene wirtschaftliche
Mindestbeteiligung am Nachlass einzuräumen, und insoweit der
dadurch begünstigte Familienangehörige als Erbe
grundrechtlichen Schutz aus Art. 14 Abs. 1 GG genießen würde,
was auch hier offen bleiben kann (vgl. BVerfGE 91, 346
), ist damit noch nichts über die Höhe
oder den Anteil gesagt, der dem Erben aus der Erbmasse
zusteht. Dies bestimmt allein die gesetzliche
Zuweisungsregelung, die, um mit der Erbrechtsgarantie in
Einklang zu stehen, sachgerecht ausge- staltet sein muss
(vgl. BVerfGE 91, 346 ).




121



Mit dem Erb- und Pflichtteilsrecht des
überlebenden Lebenspartners wird den sonstigen bisher schon
erbberechtigten Verwandten des verstorbenen Lebenspartners
nicht das Erbrecht entzogen. In den Kreis der Erbberechtigten
wird nur ein weiterer Erbberechtigter aufgenommen, der bei
der Verteilung der Erbmasse zu berücksichtigen ist. Für die
erbberechtigten Verwandten des Erblassers gestaltet sich
damit die Situation nicht anders, als sie wäre, wenn der
Erblasser eine Ehefrau oder einen Ehemann hinterließe und
nicht einen Lebenspartner. In dieser Ausgestaltung liegt
keine unsachgerechte Behandlung der übrigen
Erbberechtigten.




122



c) Dass die beabsichtigte
einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung der mit dem
LPartDisBG in seinem Art. 1 §§ 5, 12 und 16 begründeten
Unterhaltslasten für Lebenspartner wegen ihrer Aufnahme in
den Entwurf des LPartGErgG nicht erfolgen kann, weil dieses
Gesetz bisher nicht zustande gekommen ist, führt nicht zur
Verfassungswidrigkeit der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen
des LPartDisBG.




123



Zwar ist die wirtschaftliche Belastung durch
Unterhaltspflichten für den Steuerpflichtigen ein besonderer
und unvermeidbarer, die Leistungsfähigkeit mindernder
Umstand, dessen Nichtberücksichtigung gegen Art. 3 Abs. 1 GG
verstoßen kann (vgl. BVerfGE 68, 143 ; 82,
60 ). Durch die Einführung der
Unterhaltspflichten für Lebenspartner ist jedoch kein
Rechtszustand eingetreten, der diese Belastung
einkommensteuerrechtlich außer Betracht lässt. Nach § 33
a EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt,
dass Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für den
Unterhalt einer ihm gegenüber gesetzlich
unterhaltsberechtigten Person erwachsen, in Höhe einer für
das jeweilige Kalenderjahr festgesetzten Summe vom
Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Da der
Unterhaltsanspruch eines Lebenspartners gesetzlich statuiert
ist, ist er nach § 33 a EStG als außergewöhnliche
Belastung einkommensteuermindernd zu berücksichtigen. Ob
diese Berücksichtigung ausreichend auch im Vergleich zur
steuerrechtlichen Behandlung von Ehegatten ist, ist keine
Frage, die das LPartDisBG betrifft. Sie wäre durch
verfassungsrechtliche Prüfung der einkommensteuerrechtlichen
Regelungen zu klären, die nicht von den
Normenkontrollanträgen umfasst sind.




C.




124



Diese Entscheidung ist hinsichtlich der
Vereinbarkeit des LPartDisBG mit Art. 6 Abs. 1 GG mit 5:3
Stimmen, hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Art. 3 Abs. 1 GG
mit 7:1 Stimmen, im Übrigen einstimmig ergangen.




 




Papier
Jaeger
Haas


Hömig
Steiner
Hohmann-Dennhardt


Hoffmann-Riem

Bryde







Abweichende Meinung

des Richters Papier

zum Urteil des Ersten Senats vom 17. Juli
2002

- 1 BvF 1/01 -

- 1 BvF 2/01 -




125



Ich vermag den Ausführungen der Senatsmehrheit
insbesondere zu der in Art. 6 Abs. 1 GG verankerten
Institutsgarantie der Ehe und den sich hieraus ergebenden
Folgerungen nicht zuzustimmen.




126



Art. 6 Abs. 1 GG stellt die Ehe unter den
besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält diese
Verfassungsbestimmung - wie auch die Senatsmehrheit annimmt -
sowohl ein Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates
als auch eine Institutsgarantie und eine wertentscheidende
Grundsatznorm (vgl. BVerfGE 31, 58 ; 62, 323
). Ist die Ehe als Lebensgemeinschaft zwischen
Mann und Frau auf eine einfachrechtliche Regelung angewiesen,
so eröffnet dies keinesfalls für den einfachen Gesetzgeber
die uneingeschränkte Befugnis, die Ehe nach den jeweils in der Gesellschaft wirklich oder
vermeintlich herrschenden Auffassungen auszugestalten (vgl.
BVerfGE 6, 55 ; 9, 237 ; 15, 328
). Vielmehr sind die einfachgesetzlichen
Regelungen - ungeachtet eines anzuerkennenden
Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers - an Art. 6 Abs. 1 GG
als vorrangiger, selbst die Grundprinzipien enthaltender
Leitnorm zu messen (vgl. BVerfGE 10, 59 ; 24, 104
; 31, 58 ). Danach muss jede
einfachgesetzliche Regelung die wesentlichen, das Institut
der Ehe bestimmenden Prinzipien beachten (vgl. BVerfGE 31, 58
). Zu diesen durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten
Strukturprinzipien, die der Verfügungsgewalt des Gesetzgebers
entzogen sind, zählt, dass die Ehe die Verbindung eines
Mannes und einer Frau zu einer umfassenden grundsätzlich
unauflösbaren Lebensgemeinschaft ist (vgl. BVerfGE 62, 323
). Dies erkennt auch die Senatsmehrheit an, die
die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehepartner zu den die
Ehe konstituierenden Merkmalen zählt, so dass der Gesetzgeber
in der Konsequenz gehindert wäre, einfachrechtlich unter die
Ehe auch die Partnerschaft zweier gleichgeschlechtlicher
Personen zu fassen. Es ist aber vor diesem Hintergrund nicht
einsichtig, dass allein eine andere Bezeichnung für die neu
geschaffene Rechtsform der Lebenspartnerschaft es sollte
rechtfertigen können, die Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1
GG für nicht einschlägig zu erachten. Denn das in Art. 6 Abs.
1 GG gewährleistete Institut der Ehe ist nicht nur dem Namen
nach, sondern in seinen strukturbildenden Merkmalen vor
beliebigen Dispositionen des Gesetzgebers geschützt. Schafft
der Gesetzgeber, wenn auch unter einem anderen Namen, eine
rechtsförmlich ausgestaltete Partnerschaft zwischen zwei
gleichgeschlechtlichen Personen, die im Übrigen in Rechten
und Pflichten der Ehe entspricht, so missachtet er hierdurch
ein wesentliches, ihm durch Art. 6 Abs. 1 GG vorgegebenes
Strukturprinzip. Es ist ein Fehlschluss, anzunehmen, dass
gerade aufgrund des Abweichens von einem wesentlichen
Strukturprinzip die verfassungsrechtliche Institutsgarantie
als Maßstab ausscheide. Bei Anwendung dieses
verfassungsrechtlichen Maßstabes hätte im Urteil im Einzelnen
dargelegt werden müssen, dass die verfassungsrechtlich
verankerte Institutsgarantie durch das zur Prüfung gestellte
LPartDisBG in ihren wesentlichen Strukturprinzipien nicht
berührt werde.




127



Soweit in dem Urteil davon ausgegangen wird,
dass die Institutsgarantie allein deshalb nicht betroffen
sei, weil die die Ehe regelnden Normen durch das LPartDisBG
keine Änderung erfahren, beruht diese Annahme auf der
Verkennung des Wesens einer Institutsgarantie. Diese bezweckt
nicht in erster Linie die Abwehr ungerechtfertigter Eingriffe
zulasten der Ehe - insoweit ist vorrangig die
abwehrrechtliche Funktion des Art. 6 Abs. 1 GG einschlägig -;
Sinn der Institutsgarantie ist vielmehr, den Gesetzgeber bei
Ausgestaltung der Ehe an gewisse Strukturprinzipien, zu denen
auch die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner rechnet,
zu binden. Er ist demnach gehindert, unter einem anderen
Namen für gleichgeschlechtliche Paare ein der Ehe im Übrigen
entsprechendes Institut einzuführen. Ob dies mit dem
LPartDisBG erfolgt ist oder nicht, versäumt die das Urteil
tragende Senatsmehrheit darzulegen, gerade weil sie die
spezifischen verfassungsrechtlichen Wirkungen der
Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG außer Acht lässt. Sie
setzt im Gegenteil keinerlei Grenzen für eine substantielle
Gleichstellung mit der Ehe.




 







 
Papier
 







Abweichende Meinung

der Richterin Haas

zum Urteil des Ersten Senats vom 17. Juli
2002

- 1 BvF 1/01 -

- 1 BvF 2/01 -




128



1. Ich stimme mit der Senatsmehrheit darin
überein, dass von Verfassungs wegen nichts grundsätzlich
gegen die Einführung einer Rechtsform der eingetragenen
Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare zu
erinnern ist. Damit kann jedermann (mit einigen gesetzlich
geregelten Ausnahmen) seine Gemeinschaft mit einem Partner
gleichen Geschlechts registrieren lassen, ohne dass zwischen
diesen eine homosexuelle Beziehung besteht oder beabsichtigt
wäre. Allerdings war die Einführung der Rechtsform der
eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht von Verfassungs wegen
geboten.




129



2. Die Begründung der Senatsmehrheit zur
Verfassungsgemäßheit der konkreten Ausgestaltung der
Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft ermöglicht
es mir jedoch nicht, der Entscheidung in ihren wesentlichen
Begründungsteilen zuzustimmen.




130



a) Die Entscheidung wird insbesondere nicht
der Bedeutung der Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG
gerecht.




131



Sie berücksichtigt nicht in dem gebotenen Maß
Bedeutung und Wirkweise der Institutsgarantie der Ehe. Im
Blick darauf hätte die Senatsmehrheit prüfen müssen, ob die
Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft vom
Gesetzgeber der Ehe vergleichbar ausgestaltet worden ist und
weshalb dies im Lichte der Verfassungsgewährleistung keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.




132



Art. 6 Abs. 1 GG stellt die Ehe unter den
besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält diese
Verfassungsbestimmung - wie auch die Senatsmehrheit annimmt -
eine Institutsgarantie, eine wertentscheidende Grundsatznorm
sowie ein Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates
(vgl. BVerfGE 31, 58 ; 62, 323 ).




133



Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet als
Institutsgarantie den Bestand der privatrechtlichen
Einrichtung der Ehe und Familie; sie hält den rechtlichen
Rahmen einer Lebensordnung (BVerfGE 6, 55 ) bereit,
in der Mann und Frau sich in der Lebensgemeinschaft der Ehe
finden und die sie zur Familiengemeinschaft weiterentwickeln
können. Wegen dieser in der Ehe potenziell angelegten
Elternschaft, die der Gemeinschaft von Eltern und Kind
Stabilität verheißt, hat der Verfassungsgeber Ehe und Familie
dem Schutz der Verfassung unterstellt. Um der Bedeutung der
Ehe für Familie und Gesellschaft willen enthält Art. 6 Abs. 1
GG in seiner Ausprägung als wertentscheidende Grundsatznorm
überdies auch noch ein an den Staat gerichtetes Fördergebot
(BVerfGE 6, 55 ; stRspr), welches die Ausgestaltung
und Fortentwicklung der Ehe durch den Gesetzgeber geprägt
hat. Die verfassungsrechtlich gebotene Förderung bedeutet
entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit mehr als nur die
Verhinderung der Benachteiligung der Ehe. Förderung bedeutet
positive Zuwendung über das normale Maß hinaus, damit also
Privilegierung der Ehe. Dem Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG
kann daher auch nicht durch die bloße Benachteiligung anderer
Lebensgemeinschaften genügt werden; das Fördergebot zugunsten
der Ehe stellt gerade kein Benachteiligungsgebot zu Lasten
Dritter dar.




134



Als Institutsgarantie bindet Art. 6 Abs. 1 GG
den Gesetzgeber - jenseits der Abwehrrechte der
Grundrechtsträger - bei der Ausgestaltung einfachgesetzlicher
Regelungen. Der Gesetzgeber ist gehalten, die wesentlichen,
das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien zu
beachten (vgl. BVerfGE 31, 58 ). Zu den
wesentlichen Strukturprinzipien des Instituts der Ehe gehört
dabei die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner.




135



Ob das Institut Ehe den Schutz oder wie es in
der Verfassung heißt, den "besonderen" Schutz der staatlichen
Ordnung genießt, ist in diesem Zusammenhang nachgerade
unerheblich. Bereits das ausdrückliche Gebot des Schutzes,
das sich in der Verfassung nur noch in Art. 1 Abs. 1 Satz 2
GG in Bezug auf die Würde des Menschen in vergleichbarer
Weise findet, weist auf den hohen Stellenwert hin, den der
Verfassungsgeber Ehe und Familie beigemessen hat. Keine
andere Rechtsgemeinschaft, keine Personengemeinschaft, auch
wenn sie auf dauerhaften gegenseitigen Beistand angelegt ist,
wird daher in vergleichbarer Weise von Verfassungs wegen als
Institut geschützt.




136



Die Senatsmehrheit wird dieser Bedeutung der
Institutsgarantie nicht gerecht, wenn sie nur darauf abhebt,
dass die Ehe durch die Einrichtung einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft keinen Schaden nimmt. Die
Institutsgarantie bezweckt nicht in erster Linie die Abwehr
ungerechtfertigter Eingriffe zu Lasten der Ehe - insoweit ist
vorrangig die abwehrrechtliche Funktion des Art. 6 Abs. 1 GG
-; Sinn der Institutsgarantie ist vielmehr, den Gesetzgeber
bei der Ausgestaltung der Ehe an fundamentale
Strukturprinzipien, zu denen auch nach Meinung der
Senatsmehrheit die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner
rechnet, zu binden. Dem verfassungsrechtlichen Gebot, dass
nur verschiedengeschlechtliche Partner eine Ehe eingehen
können, wird zuwidergehandelt, wenn ihr ein Institut für
Paare gleichen Geschlechts zur Seite gestellt wird, dessen
Ausgestaltung den für die Ehe in Umsetzung des
verfassungsrechtlichen Fördergebots gefundenen Formen
entspricht. Auf die Bezeichnung kommt es nicht an. Denn das
in Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistete Institut der Ehe ist nicht
nur dem Namen nach, sondern in seinen strukturbildenden
Merkmalen vor beliebigen Dispositionen des Gesetzgebers
geschützt. Der Gesetzgeber kann sich den Anforderungen des
Art. 6 Abs. 1 GG nicht dadurch entziehen, dass er die
Bezeichnung "Ehe" vermeidet. Schafft der Gesetzgeber, ohne
dass ihm die das Institut der Ehe rechtfertigenden Gründe zur
Seite stehen, die Rechtsform einer Partnerschaft zwischen
Personen gleichen Geschlechts, die im Übrigen in Rechten und
Pflichten denen der Ehe entspricht, so missachtet er
hierdurch ein wesentliches, eben durch Art. 6 Abs. 1 GG
vorgegebenes Strukturprinzip. Dies verkennt die
Senatsmehrheit, wenn sie meint, dass gerade aufgrund des
Abweichens von einem wesentlichen Strukturprinzip die
verfassungsrechtliche Institutsgarantie als Maßstab
ausscheide.




137



Die Senatsmehrheit hätte deshalb prüfen
müssen, ob die Rechtsform der eingetragenen
Lebenspartnerschaft einen Regelungsgehalt aufweist, der mit
dem des Instituts der Ehe vergleichbar ist. Dies wäre mit
Art. 6 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren, da der
Lebenspartnerschaft die die Ehe prägenden, ihre Exklusivität
auf die Verbindung von Mann und Frau beschränkenden und ihre
besondere Förderung rechtfertigenden Elemente fehlen. Denn
sie ist nicht auf ein eigenes Kind hin angelegt, führt nicht
zu Elternverantwortlichkeit und erbringt dadurch keinen
Beitrag für die Zukunftsfähigkeit von Staat und
Gesellschaft.




138



b) Die Auffassung der Senatsmehrheit, Art. 3
Abs. 3 GG sei nicht verletzt, weil an die Bindung zweier
Personen und nicht an das Geschlecht angeknüpft werde, ist
wenig überzeugend. Denn Voraussetzung für das Eingehen einer
eingetragenen Lebenspartnerschaft mit einem bestimmten
Partner ist die Zugehörigkeit zu dessen Geschlecht. Damit
wird für die Eröffnung der Registrierung der Zweierbeziehung
naturgemäß an die Geschlechtszugehörigkeit angeknüpft.
Insoweit wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Senat über
die knappe Begründung hinaus noch weitere Ausführungen
gemacht hätte.




139



c) Die Ausführungen der Senatsmehrheit zur
Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Eingehung der
eingetragenen Lebenspartnerschaft durch Geschwister und
Verwandte gerader Linie (Art. 1 § 1 Abs. 2 Nr. 2 und 3
LPartDisBG) vermögen in ihrer Allgemeinheit die Auffassung
der Senatsmehrheit, Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt,
nicht zu begründen.




140



(1) Bereits der Maßstab, den die
Senatsmehrheit anwendet, ist ungenau. Bei der Prüfung der
ungleichen Behandlung von Personengruppen unterliegt nach
ständiger Rechtsprechung der Gesetzgeber einer strengen
Bindung (vgl. BVerfGE 55, 72 ; 88, 87 ),
die umso enger ist, je mehr sich die personenbezogenen
Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je
stärker sich die Ungleichbehandlung der Personen auf die
Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig
auswirken kann (vgl. BVerfGE 60, 123 ; 82, 126
; 88, 87 ). Ebenso wie an der
vollständigen Darstellung des Maßstabs fehlt es auch an einer
Darstellung der Vergleichsgruppen; ein Mangel der sich auf
die Prüfung auswirkt.




141



(2) Dem verkürzten Maßstab entspricht die
verkürzte Argumentation der Senatsmehrheit. Auf ihrer
Grundlage ist nicht erkennbar, welche Unterschiede von
solchem Gewicht zwischen den Partnern einer eingetragenen
Lebenspartnerschaft und einer zwischen Geschwistern oder
Verwandten bestehenden Lebensgemeinschaft bestehen, die die
unterschiedliche Behandlung der Personenkreise zu
rechtfertigen vermöchten.




142



So wird zur Begründung des Ausschlusses der
Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft durch
Verwandte auf die Exklusivität der eingetragenen
Lebenspartnerschaft abgestellt; begründet und näher
dargestellt wird diese "Exklusivität" jedoch nicht. Diese
lässt sich auch weder aus der Vorschrift über die Eingehung
der eingetragenen Lebenspartnerschaft noch aus dem
Gesamtkontext des Gesetzes herleiten.




143



Dass Verwandte "häufig" schon anderwärts in
einer Ehe oder einer Lebenspartnerschaft gebunden sind,
worauf die Senatsmehrheit hinweist, ist in diesem
Zusammenhang unerheblich, denn dem wird schon durch die
Partnerschaftsbegründungshindernisse nach Art. 1 § 1
Abs. 2 Nr. 1 oder 4 LPartDisBG Rechnung getragen.




144



Warum also ledige und anderweitig nicht durch
eine Partnerschaft gebundene Verwandte gerader Linie und
Geschwister nicht dem von der Senatsmehrheit postulierten
"Exklusivitäts"grundsatz genügen könnten, erschließt sich aus
der Begründung des Urteils nicht.




145



Durch ihre abstrakt gehaltene Argumentation
weicht die Senatsmehrheit einer Befassung mit der eigentlich
relevanten Vergleichsgruppe aus. Diese besteht aus
Geschwistern und Verwandten gerader Linie, die in einer Weise
zusammenleben, dass ihr rechtliches Regelungsbedürfnis mit
dem anderer Partnerschaften vergleichbar ist, denen jetzt die
Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft eröffnet
ist, weil sie einen gemeinsamen Hausstand führen, einander in
Notlagen beistehen, im Rechtsverkehr gemeinsam oder jeweils
für den anderen auftreten und emotional - mit derselben
Verlässlichkeit wie andere auf Dauer angelegte Beziehungen -
primär aufeinander bezogen sind.




146



Soweit es der Senatsmehrheit genügt, darauf
hinzuweisen, dass verwandtschaftliche Einstandsgemeinschaften
schon nach geltendem Recht "in gewisser Hinsicht eine
Absicherung (erhalten), die gleichgeschlechtlichen Paaren
erst mit der Lebenspartnerschaft eröffnet worden ist", zeigt
bereits diese Formulierung, die ganz im Unverbindlichen und
Ungefähren verbleibt, dass es der Senatsmehrheit an einem
konkreten Maßstab für die Gleichheitsprüfung fehlt. Es bleibt
unklar, welche Umstände für den Vergleich relevant sein
sollen und welches Maß an Unterschiedlichkeit erforderlich
ist, um die Ungleichbehandlung von Lebensgemeinschaften
zwischen Verwandten und zwischen Nicht-Verwandten zu
rechtfertigen. Auch der an dieser Stelle eingeführte Begriff
der "Absicherung" wird nicht näher definiert. Der dann
folgende Hinweis auf im Verwandtschaftsverhältnis bestehende
"Zeugnisverweigerungsrechte, Erbrechte und zum Teil auch
Pflichtteilsrechte sowie deren steuerliche Begünstigung" ist
in dieser Undifferenziertheit unrichtig und überdies
unvollständig. Dies zeigt sich etwa in Folgendem: Zwar
besitzen Geschwister ein Zeugnisverweigerungsrecht etwa nach
§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Jedoch haben Geschwister nur ein
eingeschränktes gesetzliches Erbrecht (Eltern und Kinder
gehen vor, § 1924 Abs. 1, § 1930 Abs. 1 BGB und
§ 1925 Abs. 1 und 2 BGB) und überhaupt kein
Pflichtteilsrecht (§ 2303 Abs. 1 und 2 BGB). Vor allem
sind die rechtlichen Auswirkungen der Lebenspartnerschaft
nicht auf das Erbrecht sowie die Regelung von
Zeugnisverweigerungsrechten beschränkt, sondern betreffen
eine Vielzahl von Rechtsgebieten. Ein wesentliches Merkmal
der Lebenspartnerschaft ist etwa die Unterhaltsverpflichtung,
die zwischen Geschwistern nicht besteht (§ 1601 BGB).
Geschwister werden auch nicht in die Familienversicherung
aufgenommen (§ 10 Abs. 1 SGB V); ferner können sie nicht
ihren Vermögensstand (Art. 1 § 6 LPartDisBG) regeln und
sie erhalten kein "kleines Sorgerecht" wie in Art. 1 § 9
LPartDisBG.




147



Wegen der von ihr vorgenommenen
eingeschränkten Prüfung hat die Senatsmehrheit den
Sachverhalt nicht hinreichend im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG
zu würdigen vermocht. Es ist danach nicht erkennbar geworden,
dass zwischen Einstandsgemeinschaften von Geschwistern und
Verwandten jeweils gleichen Geschlechts und anderen
Lebenspartnerschaften, denen die Rechtsform der eingetragenen
Lebenspartnerschaft eröffnet ist, Unterschiede von solchem
Gewicht bestehen, dass es gerechtfertigt ist, für die beiden
erstgenannten Personengruppen ein vergleichbares
Regelungsbedürfnis ihrer Beziehungen zu verneinen und ihnen
die Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zu
versagen.




 




 
Haas
 







Full & Egal Universal Law Academy